Psychische Ursachen von Online-Sucht

25.12.2009

Viele wissenschaftliche Studien haben mittlerweile den Zusammenhang zwischen psychischen Problemen und Online-Sucht untersucht. Die meisten dieser Studien liefern jedoch keine Aussage darüber, ob solche Belastungen eher Ursache oder Resultat von Online-Sucht sind. Eine aktuelle Untersuchung hat die Frage behandelt, welche psychischen Symptome als eine Ursache für Online-Sucht betrachtet werden können.

Ein Forschungsteam der Kaohsiung-Universität in Taiwan hat zu diesem Zweck über 2.200 Schülerinnen und Schüler mehrere Male innerhalb von 2 Jahren zu ihrem Internetgebrauch gefragt. In die Studie wurden ausschließlich Jugendliche einbezogen, die zu Beginn nicht online-süchtig waren. Im Rahmen der ersten Befragung wurden zudem verschiedene psychische Belastungsfaktoren erhoben, die in früheren Studien mit Internet-Sucht in Zusammenhang gebracht wurden. Hierzu gehören die Neigung zu Depressivität, sozialer Ängstlichkeit und Aggressivität, sowie das Vorliegen einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS). In den folgenden Befragungen nach sechs, 12 und 24 Monaten wurde erhoben, ob sich unter den Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern mittlerweile eine Internet-Sucht entwickelt hat.

Alle psychischen Belastungsfaktoren, die in der Studie erhoben wurden, konnten mit dem späteren Auftreten von Online-Sucht in Zusammenhang gebracht werden. Das höchste Risiko für übermäßigen Internetgebrauch wiesen Jugendliche mit ADHS-Diagnose auf. Dies sei nicht verwunderlich, so das Forschungsteam um Studienleiter Cheng-Fang Yen. Schließlich biete das Internet schier unendliche Möglichkeiten der Unterhaltung und fortwährender Stimulation und bediene damit genau die Bedürfnisse von ADHS-Betroffenen, die sich aufgrund ihrer Störung schnell langweilten und nach ständiger Belohnung suchten. Die typische Neigung von ADHS-Betroffenen zur Impulsivität könne ebenfalls dazu führen, dass das Ausmaß ihrer Internet-Nutzung aus dem Ruder läuft.

Zudem ließ sich erkennen, dass aggressive Jugendliche ebenfalls stärker gefährdet waren, online-süchtig zu werden. Dies führten die Forscherinnen und Forscher darauf zurück, dass Personen mit erhöhtem Aggressionspotenzial im Internet eine Vielzahl an Möglichkeiten vorfinden, diese Neigung auszuleben (z. B. in Online-Games) und dann Schwierigkeiten haben, sich wieder davon zu lösen. Darüber hinaus erwiesen sich bei weiblichen Studienteilnehmerinnen soziale Ängstlichkeit und eine erhöhte Depressivität als Risikofaktor für übermäßigen Internetgebrauch - ein Befund, der sich bereits in vielen anderen Studien zeigte.

Internet-Sucht trifft somit insbesondere diejenigen, bei denen schon bestimmte psychische Probleme vorliegen. Um das Ausmaß an Online-Sucht unter Jugendlichen einzuschränken, sollte daher nach Ansicht der Forscherinnen und Forscher mehr getan werden, um diese Risikofaktoren zu erkennen und frühzeitig zu behandeln.

Quelle:
Chih-Hung Ko, Ju-Yu Yen, Cheng-Sheng Chen, Yi-Chun Yeh & Cheng-Fang Yen (2009). Predictive Values of Psychiatric Symptoms for Internet Addiction in Adolescents. Arch Pediatr Adolesc Med, 163 (10), 937-943. Abstract


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