Zunahme psychotischer Symptome bei Mobbing und Kiffen

14.12.2012

„Hast du manchmal das Gefühl, dass der Fernseher dir Botschaften sendet?“ oder „Hast du schon mal Stimmen gehört, die niemand anders hören konnte?“. Diese und andere Fragen sind Teil einer britischen Studie, in der untersucht wurde, ob Mobbing und Cannabiskonsum mit psychotischen Symptomen in Zusammenhang steht.

Jugendliches Mädchen im Vordergrund, dahinter eine Gruppe Mädchen, die tuscheln und mit dem Finger auf das andere Mädchen zeigen

Bild: martinedoucet / istockphoto.com

Halluzinationen und wahnhafte Ideen sind gar nicht so selten. Etwa 5-8 Prozent der Allgemeinbevölkerung erleben irgendwann in ihrem Leben psychotische Symptome. Oftmals treten sie in der Pubertät erstmals auf, werden dann aber mit der Zeit seltener.

Mobbing als Psychoserisiko

Psychotische Symptome wie die oben geschilderten müssen nicht zwangsläufig zu einer manifesten Psychose führen, sie können aber Vorläufer davon sein. In manchen Fällen nehmen psychotische Symptome allerdings zu. Ob sich daraus eine ernsthafte Psychose entwickelt, ist vermutlich sowohl genetisch bedingt als von Umwelteinflüssen abhängig. Neben Cannabiskonsum steht inzwischen auch Mobbing unter Verdacht, das Psychoserisiko zu erhöhen.

Clare Mackie vom King’s College London und ihr Forschungsteam haben den Zusammenhang zwischen Mobbing, Cannabis und Psychose genauer untersucht. Über 1.000 Londoner Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 14 und 16 nahmen dazu an einer Längsschnittstudie teil. Innerhalb von zwei Jahren gaben die Schülerinnen und Schüler an fünf Messzeitpunkten Auskunft darüber, wie oft sie gemobbt wurden, wie häufig sie Cannabis konsumiert hatten und in welchem Maße sie psychotische Symptome erlebt hatten.

Das Forschungsteam betont in seiner Publikation der Ergebnisse, dass nur bei einem kleinen Teil der Schülerinnen und Schüler psychotische Symptome über den Messzeitraum zugenommen haben. 87 Prozent der Schülerinnen und Schüler hatten nur wenige oder gar keine psychotischen Symptome bei sich wahrgenommen.

Dreifach erhöhtes Risiko durch Mobbing

Hatte die Häufigkeit von wahnhaften Ideen oder Halluzinationen jedoch zugenommen, so konnte ein signifikanter Zusammenhang sowohl mit Cannabiskonsum als auch mit Mobbing gefunden werden. So erhöhte der frühe Einstieg in den Cannabiskonsum das Risiko für eine Zunahme psychotischer Symptome um das Doppelte. Vor allem Mobbing hatte einen Effekt. Wer häufiger gemobbt wurde, hatte eine mehr als dreimal so hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die psychotischen Symptome über den Studienzeitraum zunahmen.

Doch wie kann man von Mobbing psychotisch werden? Während zum Zusammenhang mit Cannabis bereits zahlreiche Studien vorliegen, ist das Thema Mobbing und Psychose ein noch relativ neues Forschungsfeld. Das Forschungsteam vermutet, dass durch häufiges Mobbing zum einen Stresshormone ausgeschüttet werden, die besonders bei genetischer Vorbelastung das Risiko für Psychose erhöhen. Zum anderen leide das Selbstwertgefühl durch Mobbing, und die Person neige immer mehr dazu, die Umwelt aufgrund der negativen Erlebnisse als feindlich wahrzunehmen. Beides - niedriges Selbstwertgefühl und feindliche Einstellung gegenüber anderen - seien jedoch ein idealer Nährboden für die Entwicklung von wahnhaften Gedanken, aus denen sich eine Psychose entwickeln kann.

Quelle:
Mackie, C. J., O’Leary-Barrett, M., Al-Khudhairy, N., Castellanos-Ryan, N., Struve, M., Topper, L. & Conrod, P. (2012). Adolescent bullying, cannabis use and emerging psychotic experiences: a longitudinal general population study. Psychological Medicine, DOI 10.1017/S003329171200205X.


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