Gehirn von Jugendlichen organisiert sich neu

05.06.2009

„Du tickst doch nicht ganz richtig“ - hinter diesem Spruch könnte ein Quäntchen Wahrheit stecken, zumindest wenn die adressierte Person zwischen 15 und 17 Jahre alt ist. Ein Forschungsteam vom Max-Planck-Institut für Hirnforschung hat erstmals anhand von Hirnstrom-Messungen nachweisen können, dass sich das Gehirn in diesem Altersabschnitt in einer wichtigen Umbauphase befindet. Drogenkonsum könne deshalb in dieser Phase besonders gravierende Folgen haben.

Die Reifung vom Jugendlichen zum Erwachsenen stellt in vielerlei Hinsicht einen entscheidenden Abschnitt in der Entwicklung dar. Die Veränderungen, die sich dabei im Gehirn abspielen, sind jedoch noch weitgehend unklar. Peter Uhlhaas und sein Team vom Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main konnte nun nachweisen, dass sich die Funktionsweise des Gehirns insbesondere im Alter zwischen 15 und 17 Jahren grundlegend verändert.

In ihrer Studie präsentierte das Forschungsteam Probandinnen und Probanden im Alter von 6 bis 21 Jahren Schwarz-Weiß-Darstellungen von menschlichen Gesichtern, die unvollständig erscheinen und die Integration der verschiedenen Elemente zu einem einheitlichen Ganzen erfordern. Die Aufgabe der Probanden war, per Knopfdruck anzugeben, ob ein Gesicht erkannt werden konnte oder nicht. Währenddessen wurden die Hirnströme mit Hilfe des Elektroenzephalogramms (EEG) gemessen. Das EEG erfasst die elektrischen Aktivitäten von Abermillionen Nervenzellen in der Nähe der Elektroden, die zuvor auf die Kopfhaut geklebt wurden. Wenn sich die Nervenzellen synchronisieren, feuern sie in einem gemeinsamen Takt. Auf dem EEG ist dies durch einen stärkeren Ausschlag (Amplitude) zu erkennen.

Die Analyse der EEG-Daten zeigte bei Erwachsenen im Vergleich zu Jugendlichen eine deutlich erhöhte Amplitude der Schwingungen sowie eine bessere Synchronisation in bestimmten Frequenzbereichen. Interessanterweise zeigten Jugendliche in der Altersstufe zwischen 15 und 17 Jahren nicht nur im Vergleich zu Erwachsenen, sondern auch im Vergleich zu 12- bis 14-Jährigen eine Abnahme in der Amplitude und der Synchronisation.

„Diese Reduktion geht einher mit einer Reorganisation der Synchronisationsmuster. Wir schließen daraus auf einen Umbau der kortikalen Netzwerke in der Adoleszenz, da bei Kindern und heranwachsenden Jugendlichen ganz andere Netzwerke aktiviert wurden als bei Erwachsenen“, erklärt der Uhlhaas.

Die Befunde der Frankfurter Hirnforscher zeigen, dass das Gehirn erst vollständig in der späten Jugendphase heranreift und mit einer vorübergehenden Destabilisierung kortikaler Netzwerke verbunden ist. „Menschen in der Adoleszenz befinden sich auch in einer Restrukturierungsphase des Lebens, ändern ihr subjektives Erleben und zeigen viele paradoxe Verhaltensweisen“, erläutert Uhlhaas gegenüber dem Onlinedienst Pressetext. In dieser Phase sei das Gehirn deshalb besonders verletzbar. „Auch das Risikoverhalten steigt an. Doch gerade in dieser Phase der Gehirnentwicklung hat Drogenkonsum gravierende Folgen“, warnt der Frankfurter Hirnforscher.

So konnten im Rahmen einer weiteren Forschungsarbeit an der Universität von Kalifornien Belege dafür gesammelt werden, dass vor allem erhöhter Alkoholkonsum Veränderungen in der Hirnstruktur verursacht. Nach Angaben des Forschungsteams um Susan Tapert hinterlässt insbesondere häufiges Rauschtrinken schon nach ein bis zwei Jahren nachweisbar Spuren im Gehirn.

Quellen:
Pressemitteilung MPG
Pressetext
Squeglia, L. M., Jacobus, J. & Tapert, S. (2009). The influence of substance use on adolescent brain development. Clinical EEG and Neuroscience, 40 (1), 31-38. Abstract


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