Steigt der THC-Gehalt, nimmt die Inanspruchnahme der Drogenhilfe zu

30.03.2018

Die Verbreitung hochgezüchteter Cannabissorten hat Auswirkungen auf die Anzahl der Erstkontakte in der Drogenhilfe. Darauf verweist eine Studie aus den Niederlanden.

Marihuanablüte

Bild: laborec425 / Fotolia.com

„Nederwiet“ ist am beliebtesten in den Niederlanden. Die in Indoor-Anlagen gezüchtete Cannabissorte kommt auf besonders hohe Werte des Cannabiswirkstoffs THC. Gleichzeitig enthält das hochpotente Gras kaum oder gar kein Cannabidiol (CBD), das den Rausch normalerweise etwas abmildert. Die Sorte „Nederwiet“ wird in anderen Ländern auch als „Skunk“ oder „Sinsemilla“ gehandelt.

Berichten zufolge ist nicht nur der THC-Gehalt in den letzten Jahren gestiegen, auch die Anzahl der Erstkontakte, die aufgrund von Cannabiskonsum erfolgen, haben zugenommen. Ein Forschungsteam um Tom Freeman ist der Frage nachgegangen, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen dem THC-Gehalt und der Behandlungsnachfrage.

Erst Anstieg, dann Rückgang des THC-Anteils

In den Niederlanden wird der Verkauf von Cannabis in so genannten Coffee Shops geduldet. Seit dem Jahr 2000 kauft ein unabhängiges Forschungsinstitut regelmäßig anonym Cannabisproben in verschiedenen Coffee Shops, um die Entwicklung des Wirkstoffgehalts zu dokumentieren. Freeman und sein Team haben die Analyse-Ergebnisse bis zum Jahr 2015 mit einer nationalen Datenbank des Drogenhilfesystems abgeglichen. In der Datenbank werden alle Behandlungen dokumentiert, die aufgrund von problematischem Drogenkonsum erfolgen.

Die Entwicklung des THC-Gehalts war den Ergebnissen zufolge über die Jahre an- und wieder absteigend. Von 2000 bis 2004 stieg der THC-Gehalt der Sorte „Nederwiet“ stark an, von durchschnittlich 8,6 auf 20,4 Prozent. Danach sank die THC-Konzentration auf 15,3 Prozent im Jahr 2015.

Der Anteil der Bevölkerung, der wegen seines Cannabiskonsums professionelle Hilfe in Anspruch nimmt, hat eine ähnliche Entwicklung genommen. Im Jahr 2000 haben sich 7,1 Personen von 100.000 wegen Cannabis in Behandlung begeben. Dieser Wert stieg bis 2010 auf 26,4 Personen an und sank bis 2015 wieder auf 19,8 Personen. Die Veränderungen bei den THC-Konzentrationen und den Erstkontakten stehen nach statistischen Auswertungen in einem signifikanten Zusammenhang.

Zeitverzug von 5 Jahren

Im Schnitt steigt oder fällt 5 Jahre nachdem der THC-Gehalt sich verändert auch die Anzahl der Erstkontakte. Dieser zeitliche Verzug sei nach Angaben des Forschungsteams plausibel. Bei jungen Menschen würden vom ersten Joint bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie erstmals Hilfe wegen ihres Konsums in Anspruch nehmen, nicht selten bis zu 10 Jahre vergehen. Problematische Konsummuster entwickeln sich meist schon 5 Jahre nach dem Einstieg in den Cannabiskonsum. Dann steige auch die Empfänglichkeit für stärkere Cannabissorten.

Das Forschungsteam hat auch alternative Erklärungsmöglichkeiten getestet. So sei es vorstellbar, dass ein schwankender CBD-Anteil von Bedeutung ist. Allerdings ist der CBD-Anteil in allen Proben extrem gering oder überhaupt nicht nachweisbar. Die Veränderungen der Behandlungszahlen könne daher nicht mit dem CBD-Anteil erklärt werden.

Veränderungen bei der Verbreitung des Cannabiskonsums hätten ebenfalls keinen Einfluss. Unter den 15- bis 64-Jährigen nahm der Anteil derer, die im letzten Monat gekifft haben, stetig von 3,4 Prozent im Jahr 2001 auf 5,3 Prozent im Jahr 2015 zu. Der lineare Anstieg passe aber nicht zur Zu- und Abnahme der Behandlungen in diesem Zeitraum. Unter den 12- bis 16-jährigen Jugendlichen hat der monatliche Konsum im untersuchten Zeitraum sogar abgenommen.

Nach Einschätzung des Forschungsteams erscheint es hingegen plausibel, dass eine Zunahme des THC-Gehalts zeitversetzt auch die Inanspruchnahme der Drogenhilfe erhöht. So hat eine frühere Studie bereits aufzeigen können, dass der Konsum hochpotenter Cannabissorten in stärkerem Maße mit Cannabisabhängigkeit in Zusammenhang steht.

Quelle:
Freeman, T. P., van der Pol, P., Kuijpers, W., Wisselink, J., Das, R. K., Rigter, S., van Laar, M., Griffiths, P., Swift, W., Niesink, R., & Lynskey, M. T. (2018). Changes in cannabis potency and first-time admissions to drug treatment: a 16-year study in the Netherlands. Psychological Medicine,https://doi.org/10.1017/S0033291717003877.


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