Häufiger Psychosen durch Cannabis aus Indoor-Anlagen?

04.04.2008

Eine Studie aus Großbritannien kommt zu dem Schluss, dass der THC-Gehalt von Cannabispflanzen, die in Indooranlagen gezüchtet werden, in den letzten Jahren gestiegen ist. Das Cannabis enthalte zudem kaum noch Cannabidiol, eine Substanz, die der psychoaktiven Wirkung von THC entgegenwirkt. Die Autoren der Studie warnen, dass es aufgrund des erhöhten Wirkpotentials häufiger zum Ausbruch von Psychosen kommen könne, bei hierfür veranlagten Personen.

Cannabis ist nicht gleich Cannabis - so könnte die Schlussfolgerung der britischen Studie lauten. Eine Forschungsgruppe um Studienleiter David Potter hat 452 Cannabisproben, die in den Jahren 2004-2005 von der Polizei beschlagnahmt wurden, auf ihre Inhaltsstoffe hin untersucht und mit Analyseergebnissen aus den Jahren 1996 und 1998 verglichen. Im Fokus der Studie standen der Hauptwirkstoff THC und Cannabidiol (CBD). Cannabidiol ist ein Abbauprodukt, das entsteht, wenn Cannabis längere Zeit gelagert oder erhitzt wird. Cannabidiol selber hat keine psychoaktive Wirkung, es kann aber den Rausch, der durch THC erzeugt wird, abmildern. Konsumierende fühlen sich dann eher entspannt bis schläfrig.

In der Studie wurden drei Sorten Cannabis unterschieden: Haschisch, importiertes Marihuana und Cannabis, das aus Indooranlagen stammt und als Sinsemilla bekannt ist. Dem Bericht zufolge ist das Indoor-Kraut die häufigste Variante in Großbritannien. 55 Prozent der Proben aus beschlagnahmten Beständen komme aus inländischen Zuchtanlagen. Hierfür haben die Autoren einen mittleren THC-Gehalt von 13,9 Prozent ermittelt. Im Vergleich zu den Analysen aus den Jahren 1996/98 haben die Forscher eine Zunahme des THC-Anteils von etwa 4,9 Prozent ausgerechnet.

Hingegen konnten die Forscher keine Zunahme oder sogar eine leichte Abnahme des THC-Gehalts bei Haschisch und importiertem Marihuana feststellen. Diese Cannabisprodukte haben zudem einen höheren Anteil an CBD. Die Autoren verweisen auf die längeren Transportwege beim importierten Cannabis. Dabei würde ein Teil des THC sich in CBD umwandeln.

Die untersuchten Cannabis-Proben aus der Indoor-Produktion enthalten demgegenüber wenig bis gar kein CBD. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass nicht nur die psychoaktive Wirkung aufgrund des erhöhten THC-Anteils verstärkt werde, sondern der mildernde Effekt des üblicherweise enthaltenen Cannabinols fehle und somit auch das Risiko für gesundheitliche Folgen sich erhöhe. Potter und Kollegen verweisen auf Studien, die auf ein erhöhtes Psychose-Risiko bei Cannabiskonsum hinweisen: Je intensiver der Cannabiskonsum, desto höher das Risiko für den Ausbruch einer Psychose. Das hochpotente Sinsemilla-Cannabis erhöhe das Psychoserisiko vor allem bei hierfür veranlagten Personen.

Zwar lassen die Analyseergebnisse konkret nur Rückschlüsse auf Cannabis in Großbritannien zu, aktuellen Berichten zufolge muss aber davon ausgegangen werden, dass auch in Deutschland der Anbau von Cannabis in Indoor-Anlage zugenommen hat und insofern vergleichbares Cannabis auf dem deutschen Markt zu finden ist.

Quellen:

  • Potter, D. J., Clark, P. & Brown, M. (2008). Potency of Δ9-THC and Other Cannabinoids in Cannabis in England in 2005: Implications for Psychoactivity and Pharmacology. Journal of Forensic Sciences, 53, 90-94. Abstract
  • Jahresberichts des International Narcotics Control Board (Teil III, PDF)  
  • Der Tagesspiegel

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