Sport statt Speed

30.09.2011

Sport hält nicht nur fit, einer neuen Studie zufolge können Leibesübungen möglicherweise auch dabei helfen, widerstandsfähiger gegenüber Drogen zu sein. Im Tierexperiment zeigten Ratten ein deutlich geringeres Bedürfnis nach Amphetaminen, wenn sie zuvor regelmäßig im Laufrad trainiert hatten.

Ratte sitzt in einem Glas und schaut mit den Pfoten aufgestützt über den Rand

Bild: krechet / istockphoto.com

Das Belohnungssystem im Gehirn spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer Drogenabhängigkeit. In bestimmten Hirnregionen wird dabei vor allem der Neurotransmitter Dopamin ausgeschüttet. Die Hirnforschung hat auch aufgezeigt, dass Sport teilweise dieselben Hirnareale aktiviert wie Drogenkonsum und bei körperlichen Ertüchtigungen ebenfalls vermehrt Dopamin ausgeschüttet wird. Könnte Sport demnach womöglich die Lust auf Drogen reduzieren?

Um Hinweise auf die Beantwortung dieser Frage zu bekommen, hat ein Forschungsteam der Universität Coimbra in Portugal mit Ratten experimentiert. Die kleinen Nager nehmen zwar üblicherweise keine Drogen, wenn man ihnen den Zugang hierzu verschafft, können sie aber wie Menschen eine erstaunliche Gier danach entwickeln.

Wie sich Sport auf die Gier auswirkt haben Studienleiter Carlos Alberto Fontes-Ribeiro untersucht, indem sie eine Gruppe Ratten acht Wochen lang täglich im Laufrad trainieren ließen. Genau genommen mussten die Ratten laufen, um nicht Purzelbäume zu schlagen, denn das Laufrad wurde von einem Motor angetrieben, ähnlich einem Laufband wie man sie aus Fitnessstudios kennt. Zudem steigerte sich das Training in den acht Wochen, wobei sowohl Dauer des Trainings als auch die Geschwindigkeit des Laufrads langsam angehoben wurden. Es handelte sich also um ein recht intensives Programm, dass die Nagetiere absolvieren mussten.

Um den Effekt der sportlichen Ertüchtigung messen zu können, wurden die Sport-Ratten und eine Gruppe von Ratten, die nicht trainieren musste, in einen speziellen Käfig gesetzt, der aus zwei Räumen besteht. Nachdem sichergestellt wurde, dass keine der Ratten sich bevorzugt in einem der beiden Räume aufhält, bekamen die Ratten entweder eine Dosis Amphetamin oder nur eine Salzlösung (Placebo) gespritzt. Anschließend setzte das Team die Nager in den Raum zurück, in dem sie sich zuletzt aufgehalten hatten. Das mehrmalige Wiederholen dieser Prozedur wird als Konditionierung bezeichnet: Die Tiere haben gelernt, dass ein bestimmter Raum mit einer Dosis Amphetamin oder nur mit einer Placebo-Spritze verbunden ist.

Anschließend beobachtete das Forschungsteam, ob die Ratten einen der beiden Räume bei ihren Erkundungen bevorzugen. Dabei zeigte sich, dass sich die Ratten, die keinen Sport betrieben haben, erwartungsgemäß deutlich länger in dem Raum aufgehalten haben, in dem sie Amphetamin verabreicht bekamen. Sie wollten offenbar mehr davon. Die sportlich ertüchtigten Ratten zeigten das entgegengesetzte Verhalten: sie bevorzugten den Raum, in dem sie lediglich eine Salzlösung gespritzt bekamen.

Fontes-Ribeiro und sein Team schlussfolgern, dass eine moderate bis intensive sportliche Ertüchtigung der Gier nach Amphetaminen vorbeugen kann. Sport könne also suchtpräventiv eingesetzt werden. Einschränkend geben sie zu bedenken, dass Sport jedoch unter bestimmten Umständen selbst einen suchtähnlichen Charakter annehmen könne. Wie so oft im Leben, kommt es offenbar auf die richtige Dosis an.

Quelle:
Fontes-Ribeiro, C. A, Marques, E., Pereira, F. C , Silva, A. P. & Macedo, T. R. A (2011). May Exercise Prevent Addiction? Curr Neuropharmacol, 9 (1), 45-48. Artikel


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