Erhöhter Drogenkonsum bei schwerer Kindheit

23.08.2013

Schon Sigmund Freud, der Erfinder der Psychoanalyse, wusste, dass die Kindheit eine sensible Phase für die Persönlichkeitsentwicklung ist. Ein kanadisches Forschungsteam hat nun untersucht, in welchem Maße Missbrauchserfahrungen in dieser Zeit mit späteren Abhängigkeitserkrankungen in Zusammenhang stehen.

Teenager mit Teddy in der Hand liegt eingesunken auf einem Stuhl

Bild: JoeEsco / photocase.com

Gewalt, Vernachlässigung und Missbrauch in der Kindheit haben meist schwerwiegende seelische Auswirkungen. Bekannt ist, dass Alkohol- und Drogenmissbrauch eine mögliche Folge von Misshandlungen sind. Unklar ist allerdings, ob die Art der Misshandlung eine Rolle spielt und ob bestimmte Substanzen hierbei im Vordergrund stehen.

Um dies zu überprüfen hat ein kanadisches Forschungsteam 34.653 Männern und Frauen im Alter von 20 Jahren und älter zu ihren Erfahrungen aus der Kindheit befragt. Kindesmisshandlung wurde in fünf Kategorien gruppiert: Körperliche Gewalt, emotionaler Missbrauch, sexueller Missbrauch sowie physische und emotionale Vernachlässigung.

Die Ergebnisse waren eindeutig: Jede Art von Kindesmisshandlung steht signifikant mit problematischem Substanzkonsum und Abhängigkeit in Zusammenhang. Dies betrifft alle zehn untersuchten Substanzklassen. Dazu zählen Alkohol, Schmerzmittel, Beruhigungsmittel, Opiate, Amphetamine, Cannabis, Kokain, Halluzinogene, Heroin und Nikotin.

Der Zusammenhang zeigte sich gleichermaßen bei Männern wie Frauen und ist unabhängig von Merkmalen wie Alter, Herkunft, Familienstand oder Bildung und Einkommen. Wurden psychische Störungen wie Angsterkrankungen und Persönlichkeitsstörungen einbezogen, war der Effekt zwar abgeschwächt, aber die meisten untersuchten Zusammenhänge blieben signifikant. Daher könne auf eine sehr enge Verknüpfung von Kindesmisshandlungen und substanzbezogenen Abhängigkeitserkrankungen geschlossen werden, schlussfolgern die Autorinnen und Autoren der Studie.

Drogenkonsum zur Stressminderung

Aufgrund des Studiendesigns könne zwar nicht belegt werden, dass die Missbrauchserfahrungen tatsächlich eine Ursache für Drogenprobleme sind. Studienleiterin Tracie Afifi und ihr Team sehen es aber als plausibel an, dass späterer Drogenkonsum eine direkte Folge der Kindheitserfahrungen ist. Missbrauch sei eine extreme Erfahrung mit dauerhaften seelischen Folgen. Dadurch würden die Betroffenen keine angemessenen Bewältigungsstrategien für die normalen Probleme im Alltag entwickeln. Bei Stress werde dann schneller auf Medikamente, Alkohol und sonstige Drogen zurückgegriffen, weil diese stimmungsregulierend wirken.

Um die Gesundheit der Kinder zu schützen, seien effektive Strategien zur Prävention von Kindesmisshandlungen erforderlich, resümiert das Forschungsteam. Dies würde auch zu einer Verringerung von Suchterkrankungen in der Bevölkerung beitragen.

Quelle:
Afifi, T. O., Henriksen, C. A., Asmundson, G. J.G., Sareen, J. (2012). Childhood Maltreatment and Substance Use Disorders Among Men and Women in Nationally Representativ Sample. Canadian Journal of Psychiatry, 57 (11), 677-686.


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