Mehr Menschen mit Kokainabhängigkeit suchen Hilfe

17.09.2025

Die Zahl der Suchtberatungen wegen problematischem Kokainkonsums ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Das zeigt eine Studie anhand von Daten aus Suchtberatungsstellen in Deutschland.

Bild: Marco VDM / iStock.com

„Ich nehme keine Drogen, ich mag nur den Geruch von Koks“, haucht die Sängerin Paula Hartmann ins Mikro. Ob es sich um ein Outing handelt oder ob sie nur das Klischee einer Branche besingt, ist unklar. Klar ist aber: Kokain ist Teil der Popkultur. Ob Musikerinnen, Schauspieler oder andere Kunstschaffende, immer wieder gibt es Berichte von Prominenten, die sich zum Kokainkonsum bekennen oder erwischt wurden. Manche Stars bezahlen ihren rasanten Lifestyle mit dem Leben. Denn Kokain kann nicht nur stark abhängig machen. Schlaganfall und plötzlicher Herztod sind ebenfalls bekannte Folgen von Kokain. Doch wie steht es um den Kokainkonsum in der „normalen“ Bevölkerung?

Europaweite Studien legen nahe, dass es einen Anstieg des Kokainkonsums und eine erhöhte Nachfrage nach Suchtberatung gibt. Für Deutschland hat eine Forschungsgruppe unter der Leitung von Carlotta Riemerschmid eine aktuelle Analyse vorgelegt. Die Forschenden haben Daten von 75 Prozent aller ambulanten Suchtberatungsstellen in Deutschland ausgewertet. Sie wollten herausfinden, wie sich die Hilfe-Nachfrage aufgrund von Kokainkonsum in den letzten zwei Jahrzehnten entwickelt hat und welche Menschen die Hilfe in Anspruch nehmen.

Anteil der Kokainabhängigen unter Hilfesuchenden hat sich vervierfacht

Zwischen 2001 und 2023 gab es den Ergebnissen zufolge eine deutliche Zunahme. 2001 war bei 1,9 % der Menschen, die Suchtberatung in Anspruch nehmen, Kokain das Hauptproblem. Der Anteil an Menschen mit Kokainmissbrauch oder -abhängigkeit stieg bis 2023 auf 8,2 % an, hat sich also etwa vervierfacht. Bei der zeitlichen Entwicklung müssen zwei Phasen unterschieden werden. Zwischen 2006 und 2012 waren die jährlichen Neuzugänge wegen Kokain in den Beratungsstellen leicht rückläufig. Seit 2012 zeichnet sich aber ein rasant ansteigender Trend ab.

Über die Gründe können die Forschenden nur spekulieren. Denkbar sei, dass es inzwischen akzeptierter sei, Suchtberatung in Anspruch zu nehmen. Vor allem aber sei nach Aussage der Forschenden eine Verschiebung auf dem illegalen Kokainmarkt zu beobachten. Lange Zeit galt Spanien als bevorzugter europäischer Eintrittsort für Kokainlieferungen aus Übersee. Auch die Zahl der Behandlungen wegen Kokain sei auf der iberischen Halbinsel seit Langem wesentlich höher als in Deutschland. Seit einiger Zeit verlagere sich der Drogenhandel aber verstärkt in nördlicher gelegene Regionen, was die Verfügbarkeit von Kokain auch hierzulande erhöht habe. Deutschland vollziehe insofern eine Entwicklung, die in Spanien bereits länger Realität sei.

Altersdurchschnitt und Bildungsniveau gestiegen unter Hilfesuchenden

Gleichzeitig hat sich auch das Profil der Personen verändert, die Hilfe wegen ihres Kokainkonsums aufsuchen. 2001 war noch mehr als ein Drittel der Betroffenen unter 25 Jahre alt, 2023 waren dies nur noch knapp 15 Prozent. Die Personen, die in Deutschland wegen Kokain bei einer Suchtberatungsstelle vorstellig werden, sind also älter geworden. 

Auch das Bildungsniveau ist gestiegen. 2023 hatte fast ein Viertel der Kokainabhängigen Abitur oder Fachabitur. Das waren rund fünfmal so viele wie 2001. Zudem ist auch der Anteil Erwerbstätiger vor allem in den letzten sieben Jahren gestiegen. Frauen und sozial benachteiligte Menschen seien hingegen unterrepräsentiert. Diese Personengruppen suchen seltener Hilfe, möglicherweise weil Angebote ihre spezifischen Bedürfnisse nicht ausreichend berücksichtigen, erklären Carlotta Riemenschmid und ihr Team.

Sie empfehlen in ihrer Fachpublikation, dass mehr Aufklärung in Bildungseinrichtungen und am Arbeitsplatz dabei helfen könnten, das Bewusstsein für die Risiken des Kokainkonsums zu schärfen.

Selbsttest und Hilfe bei Problemen mit Kokain

Auf drugcom.de können Interessierte mit Hilfe des Selbsttests Kokain Check überprüfen, wie es um ihren Kokain-Konsum steht. Suchtberatung steht per Chat, E-Mail oder vor Ort kostenlos und anonym zur Verfügung.

 

Quellen:

Riemerschmid, C., Hoch, E., Wittekind, C. E., & Schwarzkopf, L. (2025). Cocaine Use Disorder in German outpatient addiction care – A trend analysis. Journal of Substance Use and Addiction Treatment, 178, 209769, https://doi.org/10.1016/j.josat.2025.209769.

 


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