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10.09.2025
Eine Studie aus Portugal zeigt auf: Menschen mit Drogenproblemen haben oft Schwierigkeiten, die Gefühle anderer zu erkennen. Das kann eine Behandlung erschweren.
Bild: Miss.Erfolg / photocase.de
Zwei Menschen führen eine scheinbar unspektakuläre Unterhaltung. Scheinbar deshalb, weil jede Kommunikation in Wirklichkeit ein komplexes Zusammenspiel verschiedener zwischenmenschlicher Fähigkeiten ist. Redet der eine, hört der andere in der Regel zu. Beide schauen sich in die Augen, ohne den anderen anzustarren. Sie lachen oder verziehen das Gesicht, je nach Inhalt des Gesprächs. Das alles geschieht meist ganz automatisch. Eine Unterhaltung ist im Flow, wenn die Beteiligten über Fähigkeiten verfügen, die als soziale Kognitionen bezeichnet werden.
Allerdings fällt es uns auf, wenn es dem Gegenüber an sozial-kognitiven Fähigkeiten mangelt und uns nicht versteht oder seltsam reagiert. Beispielsweise sind die kommunikativen Fähigkeiten bei bestimmten Erkrankungen wie Schizophrenie oder Autismus erheblich gestört. Drogenabhängigkeit steht ebenfalls mit gestörten sozialen Kognitionen in Zusammenhang, wie eine aktuelle Studie aus Portugal zeigt.
Studienleiter Carlos Spuch und sein Team haben 57 Personen untersucht, die sich in einer Drogenentzugsbehandlung befanden. Die Forschenden haben eine Reihe von speziellen Tests durchgeführt, um die unterschiedlichen Aspekte der sozialen Kognition bei den Teilnehmenden abzuklopfen.
Die Ergebnisse der Studie haben gezeigt, dass die sozialen Kognitionen bei vielen der drogenabhängigen Personen vermindert waren. Rund 70 Prozent der Beteiligten wiesen Schwierigkeiten in mindestens einem Bereich auf. Besonders betroffen war die Fähigkeit, Gefühlsausdrücke in Gesichtern korrekt zu erkennen. Die so genannten Basis-Emotionen wie Angst, Traurigkeit, Ekel, Wut oder Freude wurden oft nicht richtig identifiziert.
Neben Einbußen in der emotionalen Wahrnehmung zeigten sich auch Einbußen im Bereich der Empathie, also der Fähigkeit, sich in andere hineinversetzen oder mit ihnen mitfühlen zu können. Viele der Teilnehmenden mit Suchtproblemen neigten zudem dazu, unklare zwischenmenschliche Situationen eher negativ zu interpretieren. Sie vermuteten öfter, dass andere feindselig oder aggressiv sind.
Auffällig war auch, dass Männer häufiger betroffen waren als Frauen. Während etwa die Hälfte der beteiligten Frauen Einschränkungen in der sozialen Kognition zeigten, betraf dies acht von zehn Männern der Befragung.
Die Forschenden schlussfolgern, dass sowohl die emotionale Verarbeitung als auch das empathische Erleben bei Menschen mit einer Drogenabhängigkeit vergleichsweise oft beeinträchtigt sind. Diese emotionalen Einbußen können zu zwischenmenschlichen Problemen führen und damit verstärkt sozialen Stress erzeugen.
Spuch und sein Team erklären, dass diese Probleme auch die Behandlung einer Drogenabhängigkeit erschweren können. Betroffene sind dann häufiger rückfällig oder brechen eine Therapie öfter ab. Daher solle vor Beginn einer Behandlung auch ein Augenmerk auf die sozial-kognitiven Kompetenzen der Person geworfen werden.
Quelle:
Piñón-Blanco, A., Rodriguez, S., Teixeira, J., Coutinho, C., Faria, I., Murta, I., Tavares, A. I., Iglesias-Rejas, L., Carrera-Machado, I., Garcia-Caballero, A., Gutiérrez-Martínez, Otero-Lamas & Spuch, C. (2025). Impairment in social cognition in people with substance use disorders. Frontiers in Psychiatry,16, 1574483, https://doi.org/10.3389/fpsyt.2025.1574483.
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