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Cannabiskonsum reduzieren oder aufhören: So haben es andere geschafft

Dezember 2025

Zu viel des Guten? Wenn Cannabis die Regie im Leben übernommen hat, reift bei dem Einen oder der Anderen der Wunsch heran, aus dem Kiffen auszusteigen oder wenigstens zu reduzieren. Einige haben es mit Hilfe des Beratungsprogramms Quit the Shit geschafft. In Erfahrungsberichten erzählen sie, was sie zu dem Schritt bewogen hat und was ihnen half aufzuhören?

Bild: Kobus Louw / istockphoto.com

Er kiffte jeden Tag. Mehrmals. „Während der Arbeit, wenn ich mit Freunden zusammen war, wenn ich Feiern war, einfach gesagt: in jeder Lebenssituation“, schrieb der 23-Jährige Marvin* in einem Erfahrungsbericht. Über Jahre hatte er sich täglich zugedröhnt, mit entsprechenden Folgen. „Ich hatte mich vom sozialen Umfeld zurückgezogen, mir keine Mühe mehr gegeben, mit Freunden Kontakt zu halten. Noch dazu wurde ich depressiv.“ Er habe versucht, nur zu reduzieren. Aber erst der komplette Ausstieg mit Hilfe von Quit the Shit hat die Wende in sein Leben gebracht.

Marvin hatte offensichtlich eine Cannabisabhängigkeit entwickelt. Wie viele andere hat er anfänglich vermutlich im Freundeskreis hin und wieder am Joint gezogen. Die meisten Menschen belassen es auch dabei. Ein Teil von ihnen kifft jedoch immer häufiger allein. Problematisch wird es meist dann, wenn mit dem Kiffen immer öfter unangenehme Gefühle betäubt werden. Das können beispielsweise Einschlafschwierigkeiten sein, Langeweile oder Stress.

Psychische Probleme durch starken Cannabiskonsum

Eine Weile kann das mehr oder weniger gut gehen. Aber irgendwann machen sich die Auswirkungen des Konsums im Alltag bemerkbar. „Mein Gedächtnis war über die Jahre so schlecht geworden, dass ich mir nichts mehr merken konnte, was mich öfter in Schwierigkeiten im Job, in der Partnerschaft oder mit Freunden brachte“, musste Marvin sich eingestehen. Andere ehemalige Teilnehmende von Quit the Shit berichten auch von Angstzuständen wie Paranoia.

Als Paranoia wird das unbestimmte Gefühl bezeichnet, beobachtet oder verfolgt zu werden. Manchmal haben Betroffene lediglich den Eindruck, dass irgendetwas nicht stimmt. Paranoia als Folge des Kiffens ist gar nicht so ungewöhnlich. In einer Studie konnte nachgewiesen werden, dass der Cannabiswirkstoff bei einer von fünf Versuchspersonen Paranoia auslöst. Andere Teilnehmende wie die 41-jährige Lena berichten auch von massiven Angststörungen: „Ich hatte schlimme Panikattacken vom Kiffen, war teilweise so breit, dass ich Gefahr lief, meine Familie zu gefährden.“

Zunehmender sozialer Rückzug

Manche der Konsumierenden ziehen sich schließlich immer mehr zurück. So berichtet die 39-jährige Julia: „Ich hatte Depressionen und habe mich immer mehr isoliert“. Die 23-jährige Diana hatte auch zunehmend Probleme im Studium: „Obwohl ich anfangs gut im Studium war, wurden meine Leistungen immer schlechter. Ich machte nur noch das Nötigste, zog mich zurück und war nur noch auf der Jagd nach dem nächsten Rausch“.

Generell scheint sich das Leben vieler Teilnehmenden von Quit the Shit immer mehr auf das Kiffen ausgerichtet zu haben. Alles wurde dem Konsum untergeordnet oder erschien nachrangig. So schrieb Tanja in ihrem Bericht: „Ich hatte aber zum Schluss jeden Tag gekifft und es nicht mehr bewusst, sondern gewohnheitsmäßig eingesetzt. Abends konnte ich an nichts anderes denken, bevor ich nicht meine Tagesdosis geraucht hatte.“ Der anfängliche Spaß am Kiffen war dem Zwang gewichen, sich berauschen zu müssen.

Gleichzeitig litten viele der Teilnehmenden unter starker Antriebslosigkeit. Sie fühlten sich ständig müde, kraft- und lustlos oder geistig abwesend. Meist sind sie an einem Punkt angekommen, an dem sie das Gefühl hatten, dass ihr Konsum sie daran hindert, sich weiterzuentwickeln, wie es der Bericht des 31-jährigen Ben illustriert: „Irgendwann habe ich mir gesagt, ich will nicht mehr verballert aufstehen und den ganzen Tag high sein und mal wieder was im Leben erreichen und umsetzen und nicht nur davon reden, was man noch alles machen möchte, sondern es auch tatsächlich tun!“

Beraterinnen und Berater helfen individuell

Die Teilnahme am Beratungsprogramm Quit the Shit war für viele Personen, die einen Erfahrungsbericht geschrieben haben, der entscheidende Schritt, um ihre Lethargie und die täglichen Rituale des Kiffens zu durchbrechen. Am meisten geholfen habe den Teilnehmenden nach eigenem Bekunden die tägliche und zielorientierte Auseinandersetzung mit ihren Konsumgewohnheiten sowie der Kontakt zu den Beraterinnen und Beratern. So schreibt die Userin Lara, 35 Jahre: „Die Beratung hat mich aus meinem Loch geholt und die Kraft gegeben, das Thema endlich anzugehen. Ich habe mich so verstanden gefühlt. Ich bin meiner Beraterin unendlich dankbar, dass sie mich durch diese dunkle Zeit begleitet und wieder aufgebaut hat. Ohne sie wäre ich den Schritt zum clean werden nie gegangen.“

Viele berichten, dass sie die Rückmeldungen der Beraterinnen und Berater sehr motivierend und hilfreich empfanden. Vor allem aber wussten sie, dass da ein Mensch war, der alle ihre Einträge im Tagebuch und in den Übungen liest und individuell auf ihre persönliche Situation eingeht. „Das Programm hat mir enorm geholfen, besonders durch das regelmäßige Schreiben des Tagebucheintrags und die Rückmeldungen von meinem Berater. [..] Bei den wöchentlichen Rückmeldungen meines Beraters habe ich fast immer weinen müssen, weil selten jemand so sehr auf mich eingegangen ist und meine Erfolge, auch wenn sie noch so klein waren, gesehen und gewürdigt hat. Ich hatte das Gefühl, dass man mir hier wirklich helfen will“, hat Torben, 30 Jahre, geschrieben.

Rückfälle akzeptieren und weiter machen

Das Programm mit seinem Tagebuch hat vielen Teilnehmenden den nötigen Rahmen und die Struktur gegeben, um den eigenen Konsum systematisch zu durchleuchten. Sie lernen, Strategien für den Ausstieg zu entwickeln, sich Schritt für Schritt frei zu machen von der Abhängigkeit und ihr Leben wieder selbst zu gestalten. Dabei spielen auch Rückfälle eine Rolle. So hatten viele der Konsumierenden in der Vergangenheit versucht, ohne Hilfe ihren Konsum in den Griff zu kriegen, wurden rückfällig und haben ihr altes Konsummuster wieder aufgegriffen.

Durch das Programm haben die Teilnehmenden gelernt, auch Rückfälle zu akzeptieren, ohne sich von ihrem Ziel abbringen zu lassen, wie es die 21-jährige Pauline anderen Gleichgesinnten empfiehlt: „Immer weiter machen, auch wenn man einen Rückfall hatte. Nicht aufzugeben, sondern weiter zu kämpfen.“

Gespräche mit nahestehenden Menschen

Neben der Nutzung von Quit the Shit half es vielen der ehemaligen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, mit Freundinnen und Freunden oder Angehörigen zu sprechen. Sie berichten, dass sie es als entlastend empfunden haben, nahestehenden Menschen von ihrem Vorhaben zu erzählen. Dabei haben sie oft feststellen dürfen, dass ihnen viel Unterstützung aus dem Freundes- und Familienkreis entgegenkommt. „Das schöne war, dass meine wahren Freunde mich mit meinem Vorhaben sehr unterstützt haben und mich gut abgelenkt haben. Und die Ablenkung hat auch sehr gutgetan, sei es durch einen Spaziergang oder einfach eine Serie schauen“, erzählt Diana. Teils hätten Mitbewohner sogar zeitgleich bei Quit the Shit mitgemacht.

Der kiffende Freundeskreis kann jedoch auch ein Risiko darstellen. Eine Studie belegt: Wer häufig Kontakt hat zu anderen stark Konsumierenden, hat ein 6-fach höheres Risiko für einen Rückfall, als Aussteiger, die den Kontakt zu Konsumierenden meiden. Den kiffenden Freundinnen und Freunden zumindest in der Anfangsphase aus dem Wege zu gehen und sich eher mit nicht-konsumierenden Personen zu treffen, kann somit sinnvoll sein.

Wenn dies keine Option ist, so kann es dennoch helfen, den kiffenden Freundeskreis einzuweihen. Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Quit the Shit haben die Erfahrung gemacht, dass der konsumierende Freundeskreis durchaus Verständnis zeigt, wie dieser 20-jährige Teilnehmer berichtet: „Ich war ehrlich zu ihnen und habe ihnen von dem Programm und meinem Konsumverhalten erzählt. Die Kifferfreunde haben mich tatsächlich davon abgehalten bei ihnen zu kiffen/zu kaufen. Die nicht abhängigen Freunde haben mich motiviert und auch mal geschimpft, wenn ich versagt habe.“

Sport machen und alternative Aktivitäten aufgreifen

Viele der ehemaligen Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Quit the Shit empfanden es auch als hilfreich, ihren Alltag bewusst umzustrukturieren und sich vielseitig zu beschäftigen, um auf andere Gedanken zu kommen. Sport steht bei vielen Usern ganz oben auf der Liste der alternativen Aktivitäten. Andere suchen sich bewusst neue Hobbys oder greifen alte wieder auf. Und für den akuten Suchtdruck empfehlen manche User auch so scheinbar simple Dinge wie Malbücher oder Puzzle, um sich im Falle des Falles beschäftigen zu können.

Generell empfehlen die Teilnehmenden von Quit the Shit, sich umfassend mit dem Ausstieg zu befassen. Manche hören Podcasts oder lesen Bücher zum Thema, nutzen Meditations-Apps oder gehen zu Selbsthilfegruppen. Vor allem empfehlen die Teilnehmenden, dranzubleiben, oder wie es die 41-jährige Clara formuliert: „Nicht aufgeben. Immer wieder versuchen. Auch bei Rückschlägen wieder auf's Neue entscheiden, nicht zu konsumieren. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen :-).“

Fazit

Die meisten Cannabiskonsumierenden belassen es beim gelegentlichen Kiffen im Freundeskreis. Ein Teil von ihnen konsumiert aber immer häufiger auch alleine. Gerne wird das Kiffen dann dazu benutzt, Unangenehmes angenehmer zu gestalten. Dies geht soweit, bis sich Konsumierende ihren Alltag ohne Cannabis kaum noch vorstellen können, was entsprechende Folgeprobleme nach sich zieht. Soziale Kontakte reißen ab, der Job oder das Studium geraten in Gefahr, von Geldsorgen ganz zu schweigen.

Im Rahmen von Erfahrungsberichten beschreiben ehemalige Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Beratungsprogramms Quit the Shit wie der Konsum überhandgenommen hat und sie den Wunsch entwickelten, das eigene Leben wieder in den Griff zu kriegen. Viele berichten, dass ihnen die Auseinandersetzung mit dem eigenen Konsum und die persönliche Betreuung durch das Beratungsteam sehr geholfen habe. Darüber hinaus halfen ihnen Gespräche mit nahestehende Menschen und ein aktiver Alltag, um aufkommende Gedanken an das Kiffen gar nicht erst wieder zuzulassen.

Quit the Shit ist ein kostenloses und anonym nutzbares Beratungsprogramm des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). Mehr dazu hier.

*Alle Namen der zitierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Quit the Shit wurden geändert.


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