Ablenkende Aktivitäten verbessern Chancen beim Cannabisausstieg

11.11.2016

Wie gut gelingt es Cannabisabhängigen aus dem Cannabiskonsum auszusteigen? In einer aktuellen Studie wurden ausstiegswillige Kiffer täglich mit Hilfe eines automatischen Telefonsystems dazu befragt.

Mann telefoniert mit Smartphone vor Graffitiwand

Bild: cydonna / photocase.de

„Wenn Sie gekifft haben, drücken Sie die 1, wenn nicht, drücken Sie die 2.“ So oder ähnlich könnte die automatisierte Befragung am Telefon vonstattengegangen sein. Der Grund für diese Vorgehensweise: Das Forschungsteam wollte zeitnah den Cannabiskonsum von abhängigen Kiffern erfassen. Die Teilnehmenden der Studie hatten zuvor angegeben, ihren Konsum in den nächsten drei Monaten einstellen oder reduzieren zu wollen.

In Studien zum Cannabiskonsum werden die Teilnehmenden üblicherweise nach länger zurückliegenden Erfahrungen gefragt. Erinnerungen können aber durch Fehler oder geschönte Schilderungen verzerrt sein. Die tägliche automatisierte Befragung soll nach Angaben des Forschungsteam zuverlässigere Angaben erzeugen.

Rückfall als Normalfall

Studienleiter John Hughes und sein Team haben 193 Cannabiskonsumierende drei Monate lang mit Hilfe der automatisierten Befragung begleitet. Dabei wurde eines deutlich: Die meisten haben zwar versucht, das Kiffen einzustellen oder zu reduzieren. Gelungen ist es jedoch nur den wenigsten und kaum jemand hatte professionelle Hilfe in Anspruch genommen. Die meisten sind schon nach einem Tag, spätestens aber nach einer Woche rückfällig geworden.

Klingt erst einmal ernüchternd. Die gute Nachricht aber ist: Teilnehmende, die besonders früh nach dem Start der Studie ihr Konsumverhalten ändern wollten, haben nach einem Fehlschlag meist erneut oder sogar mehrmals probiert, aus dem Kiffen auszusteigen oder zu reduzieren. Und je mehr Abstinenztage die Teilnehmenden hatten, umso mehr nahm das Ausmaß der Cannabisabhängigkeit ab. Wer sich hingegen erst spät dazu durchringen konnte, den Ausstieg zu versuchen, hatte generell schlechtere Chancen, das Kiffen einzustellen oder dauerhaft zu reduzieren.

In den Befragungen hat sich zudem abgezeichnet, dass sich kaum eine der teilnehmenden Personen im Vorfeld vorbereitet und beispielsweise mit den zu erwartenden Risikosituationen beschäftigt hat. Aus Studien mit Tabakraucherinnen und -rauchern ist jedoch bekannt, dass eine gute Vorbereitung die Erfolgswahrscheinlichkeit beim Ausstieg erhöhen kann.

Ein Teil der Kiffer hatte sich zumindest darum bemüht, Aktivitäten zu finden, mit denen sie sich beim Ausstieg oder der Reduktion ablenken können. Und siehe da: Wer sich bewusst mit anderen Dingen beschäftigte, war im Schnitt länger abstinent als Kiffer, die sich keine Alternativen gesucht haben. Beispielsweise ist aus früheren Studien bekannt, dass Sport den Ausstieg aus dem Konsum unterstützen kann.

Ausstieg als Prozess begreifen

Die Studie hat somit deutlich gemacht, dass Rückschläge bei ausstiegswilligen Kiffern völlig normal sind und es sich lohnt, den Ausstieg oder zumindest die Reduktion immer wieder zu versuchen. Das Forschungsteam schlussfolgert, dass der Ausstieg als eine Art Prozess verstanden werden sollte. Ausstiegswillige sollten dazu motiviert werden, auch bei Rückschlägen nicht locker zu lassen.


Quelle:
Hughes, J. R., Naud, S., Budney, A. J., Fingar, J. R. & Callas, P. W. (2016). Attempts to Stop or Reduce Daily Cannabis Use: An Intensive Natural History Study. Psychol Addict Behav, 30(3), 389-397.


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