Warum Kokain so stark abhängig macht

02.09.2016

Vom Kokain dauerhaft loszukommen ist für Konsumierende häufig schwer. Ein Experiment mit Ratten zeigt nun, warum die Gefahr eines Rückfalls so hoch ist. Offenbar hinterlässt das Koks langfristig Spuren im Belohnungszentrum des Gehirns.

Bild: iStockphoto.com / Michal Rozewski

Um eine gesunde Ratte zu einem Kokain-Junkie zu machen braucht es nicht lange. Nach nur wenigen Tagen mit freiem Zugang zu dem aufputschenden Rauschmittel entwickeln die Nager ein exzessives Suchtverhalten. Denn der regelmäßige Kokainkonsum geht, bei Mensch und Tier, einher mit einer Toleranzentwicklung gegenüber dem Wirkstoff: Bei häufigem Konsum wird also immer mehr Kokain benötigt, um einen spürbaren Effekt auszulösen.

40-mal Kokain am Tag

Die Wirkung von Kokain wird ausgelöst durch die vermehrte Ausschüttung von Dopamin und anderen Neurotransmittern des Belohnungssystems im Gehirn. Da die Wirkung von Kokain nur etwa 20 bis 60 Minuten anhält, ist das „Nachlegen“ eher die Regel als die Ausnahme. Das zeigte sich auch bei den Tieren im Experiment von Sara Jones und ihrem Team.

Mehrere Tage lang gewährten Jones und ihr Team den Ratten freien Zugang zu Kokain. Jeweils sechs Stunden lang und bis zu 40-mal am Tag konnten die Nager per Knopfdruck ihr Verlangen stillen. Nach wenigen Tagen schöpften alle Ratten die von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zur Verfügung gestellten Koks-Rationen voll aus.

Hohe Dosis trotz langer Pause

Im Anschluss wurden die Nager auf Entzug gesetzt. Bis zu 60 Tage lang wurde ihnen der Zugang zu Kokain verwehrt. Nach diesem Zeitraum überprüften die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Funktion der Dopamin-Rezeptoren der Tiere. Diese schienen genauso normal zu funktionieren wie bei Ratten, denen lediglich ein wirkungsloses Placebo verabreicht wurde. Scheinbar hatten sich die Rezeptoren also wieder erholt.

Jedoch reichte eine kleine Dosis Kokain aus, und die Rezeptoren zeigten die gleiche Toleranz gegenüber dem Rauschmittel, wie unmittelbar nach der intensiven Konsumphase. Bekamen die Tiere nicht genug Stoff, zeigte das Kokain also keine Wirkung. Statt aufgeputscht durch den Käfig zu jagen, wie die Ratten der Kontrollgruppe, blieben die Tiere mit Kokain-Erfahrung bei geringen Dosen ruhig sitzen. Wurde den Ratten hingegen erneut freier Zugang zum Kokain gewährt, verfielen sie unmittelbar wieder in alte, exzessive Konsummuster.

Schneller Rückfall in alte Gewohnheiten

Selbst 60 Tage nach dem letzten Konsum war die vormals entwickelte Toleranz gegenüber Kokain also immer noch vorhanden. „Für Menschen entspricht dies etwa einem Zeitraum von vier Jahren“ erläutert die Wissenschaftlerin Sara Jones die Relevanz der Studienergebnisse. „Nach nur einer einzigen Dosis war die Toleranz gegenüber Kokain wieder da. Und damit auch eine entsprechend hohe Wahrscheinlichkeit für einen exzessiven Konsum“.

Die Ergebnisse des Experiments zeigen, dass regelmäßiger Kokainkonsum womöglich eine nachhaltige Auswirkung auf das Belohnungssystem im Gehirn haben kann. Selbst nach einer langen Abstinenzphase reagieren die Rezeptoren bei erneutem Kokainkonsum wie in einer intensiven Konsumphase. Offenbar scheint es durchaus berechtigt, hier von einem „Suchtgedächtnis“ zu sprechen.

 

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