Kein Zusammenhang zwischen Cannabis und Depression

23.11.2012

Macht Kiffen depressiv? Während es viele Belege dafür gibt, dass Cannabiskonsum das Risiko für die Entstehung einer Psychose erhöht, finden sich widersprüchliche Ergebnisse zum Thema Depression. Ein internationales Forschungsteam ist der Frage nun mit Hilfe von Daten schwedischer Rekruten auf den Grund gegangen.

Junger Mann mit Kapuzenpulli zieht an einem Joint

Bild: filadendron / istockphoto.com

Depressionen sind zum Teil sehr schwere psychische Erkrankungen. Generell wird davon ausgegangen, dass Depression eine multi-faktorielle Erkrankung ist. Das heißt, es sind in der Regel mehrere Faktoren an der Entstehung einer Depression beteiligt. Cannabiskonsum ist einer dieser Faktoren, die im Verdacht stehen, das Risiko für Depressionen zu erhöhen. Die bisherigen Forschungsergebnisse sind allerdings widersprüchlich.

Einfluss konfundierender Faktoren

Die Widersprüchlichkeit der bisherigen Forschungsergebnisse könne die Folge so genannter konfundierender Faktoren sein, argumentieren Studienleiter Edison Manrique-Garcia und sein Team in einem kürzlich veröffentlichten Fachartikel. Konfundierende Faktoren sind andere Einflüsse, die mit dem untersuchten Phänomen einhergehen. Beispielsweise hängt das Einkommen in der Regel signifikant mit der Schuhgröße zusammen. Die Schuhgröße ist allerdings konfundiert mit dem Geschlecht bzw. hängt systematisch damit zusammen. Denn Männer haben im Schnitt größere Füße als Frauen - und ein durchschnittlich höheres Einkommen. Die wahre Ursache für ein höheres Einkommen ist also nicht die Schuhgröße, sondern das Geschlecht.

Manrique-Garcia und sein Forschungsteam haben viel Wert in ihrer Studie darauf gelegt, mögliche konfundierende Faktoren für Depressionen mit einzubeziehen. Das sind zum Beispiel Verhaltensprobleme in der Kindheit, bestimmte Persönlichkeitsstörungen, Leben in der Großstadt oder zusätzlicher Alkohol- und Drogenkonsum. Die Frage lautete: Trägt Cannabiskonsum auch unter Berücksichtigung anderer relevanter Faktoren noch signifikant zum Depressionsrisiko bei?

Nur schwere Depressionen berücksichtigt

Die Forscherinnen und Forscher konnten für ihre Forschungsfrage auf die Daten von über 45.000 Wehrpflichtige in Schweden zurückgreifen, die in den Jahren 1969-1970 für die Aufnahme in den Militärdienst untersucht wurden. Um herauszufinden, wer von den Rekruten später depressiv wurde, hatte das Forschungsteam Zugriff auf das nationale Patientenregister, in dem die Krankenhausdaten aller Patientinnen und Patienten in Schweden gespeichert sind. Darin sind allerdings überwiegend nur schwere Formen der Depression enthalten, die in einem Krankenhaus behandelt wurden.

Eine erste Analyse ergab, dass es tatsächlich einen statistischen Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Depressionen gibt. Nachdem jedoch andere konfundierende Faktoren mit in die Rechnung einbezogen wurden, konnte kein signifikantes Ergebnis mehr für Cannabiskonsum ermittelt werden. Das bedeutet: Es konnte kein Zusammenhang zwischen dem Konsum von Cannabis und Depression nachgewiesen werden.

Probleme in der Kindheit

Den stärksten Einfluss unter den berücksichtigten Faktoren hatten Verhaltensprobleme in der Kindheit. Wer als Kind häufig die Schule geschwänzt hat, öfter von zuhause weggelaufen ist oder bereits mit der Polizei zu tun hatte, hat den Ergebnissen zufolge später ein größeres Risiko an einer Depression zu erkranken als Personen, deren Kindheit unauffällig war.

Allerdings dürfte die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Depression damit auch noch nicht endgültig geklärt sein, da hier nur die besonders schweren Formen der Depression berücksichtigt wurden. Inwiefern leichte depressive Verstimmungen nicht doch durch Cannabis hervorgerufen werden können, müsse daher in weitere Studien erörtert werden, schreibt das Forschungsteam in ihrem Fachartikel.

Quelle:
Manrique-Garcia, E., Zammit, S., Dalman, C., Hemmingsoon, T. & Allebeck, P. (2012). Cannabis use and depression: a longitudinal study of a national cohort of Swedish conscripts. BMC Psychiatry, 12:112.


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