Verminderte Wahrnehmung von Emotionen durch Drogenkonsum

19.03.2010

Das Erkennen von Emotionen in den Gesichtern anderer Menschen ist von grundlegender Bedeutung für ein soziales Miteinander. Drogenkonsum kann jedoch die emotionale Wahrnehmungsfähigkeit verringern, hat ein spanisches Forschungsteam in einer Experimentalstudie herausgefunden. Besonders negative Emotionen werden schlechter erkannt.

Schon Neugeborene zeigen eine Vorliebe für Gesichter, obwohl sie noch über ein begrenztes Sehvermögen verfügen. Nach und nach lernen Babys bekannte von unbekannten Gesichtern zu unterscheiden und Emotionen in den Gesichtern anderer Menschen zu erkennen. Denn die Gesichtererkennung und die richtige Einschätzung von Emotionen sind von fundamentaler Bedeutung für das menschliche Miteinander.

Die Verarbeitung emotionaler Wahrnehmungsinhalte erfolgt jedoch unter anderem in Hirnregionen, die durch den dauerhaften Konsum von Drogen wie Kokain oder Ecstasy geschädigt werden können. Ein spanisches Forschungsteam um Antonio Verdejo-García von der Universität in Granada ist daher der Frage nachgegangen, ob es einen quantitativen Zusammenhang gibt zwischen dem Ausmaß des Drogenkonsums und der Fähigkeit, basale Emotionen in Gesichtern zu erkennen.

Hierzu führte das Team eine experimentelle Studie mit 65 Personen durch, die eine Drogenabhängigkeit aufwiesen, aber unter keiner weiteren psychiatrischen Erkrankung litten. Vor dem Experiment musste allerdings eine mindestens 15-tägige Drogenabstinenz nachgewiesen werden. Zusätzlich wurden 30 Kontrollpersonen ohne Drogenkonsum, aber mit vergleichbarem Bildungshintergrund in die Studie einbezogen.

Im Test galt es, auf 60 Portraitfotos die darauf dargestellten Emotionen zu erkennen. Abgebildet waren sechs grundlegende Emotionen, zu denen Wut, Ekel, Angst, Freude, Traurigkeit und Überraschung gehören. Jedes Bild wurde für fünf Sekunden eingeblendet und musste anschließend kategorisiert werden. Dabei schnitten Drogenkonsumierende mit multipler Drogenerfahrung signifikant schlechter ab. Allerdings betraf dies nur die negativen Emotionen Wut, Angst und Traurigkeit. Die positiven Emotionen Freude und Überraschung konnten Personen mit Drogenabhängigkeit ebenso gut erkennen wie die Kontrollgruppe.

Das Forschungsteam stellte zudem fest, dass das Erkennen von negativen Emotionen umso schlechter ist, je intensiver der Drogenkonsum der Probandinnen und Probanden in der Vergangenheit war. Eine Analyse der von den Probandinnen und Probanden konsumierten Substanzen ergab, dass allen voran Kokain vermutlich für die schlechte Erkennung von negativen Emotionen verantwortlich ist.

Da sich kein Zusammenhang mit der Dauer der Abstinenz vor Beginn des Tests nachweisen ließ, vermuten die Forscherinnen und Forscher, dass es sich um bleibende Defizite handelt, was aber durch weitere Forschung überprüft werden müsse.

In ihrem Fachartikel warnen die Autorinnen und Autoren, dass es infolge der verminderten Erkennung von grundlegenden Emotionen zu Fehleinschätzungen von potentiell rückfallgefährdenden Situationen kommen könne. Denn bekannt sei, dass besonders frustrierende zwischenmenschliche Erfahrungen, die durch negative Emotionen geprägt sind, bei Drogenabhängigen zu Rückfällen in das alte Suchtverhalten führen können.

Quelle:
Fernández-Serrano, M., Lozano, Ó, Pérez-García, M. & Verdejo-García, A. (2010). Impact of severity of drug use on discrete emotions recognition in polysubstance abusers. Drug and Alcohol Dependece,doi:10.1016/j.drugalcdep.2009.12.007.


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