"Wir sollten mehr junge Nichtraucher mit der Milde gewinnen"

16.03.2006

Entgegen der landläufigen Meinung spielt nicht nur Nikotin eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer Tabakabhängigkeit. Nach einem Report des Deutschen Krebsforschungszentrums (dkfz) fügen Zigarettenfirmen dem Tabak gezielt chemische Substanzen zu, um den Einstieg ins Rauchen zu erleichtern und sein Abhängigkeitspotenzial zu erhöhen.

Aufgrund von Recherchen in den internen Dokumenten der Tabakindustrie, kommt das Deutsche Krebsforschungszentrum zu dem Schluss, dass die Zigarettenhersteller seit den 1950er-Jahren immer ausgefeiltere Rezepturen entwickelt haben, um das Abhängigkeitspotential von Zigaretten zu erhöhen. So werden Zigaretten bis zu 600 Zusatzstoffe hinzugefügt, die im Zusammenspiel eine immer schnellere und intensivere Aufnahme des Nikotins in das Gehirn erzielen - und das, obwohl Zigaretten durchschnittlich immer weniger Nikotin enthalten.

Besonders so genannte Ammonium-Verbindungen, wie Ammoniak oder Harnstoff spielen in diesem Chemikaliencocktail eine wichtige Rolle. Dies liegt daran, dass in ihnen zusätzliche Nikotinverbindungen gebunden sind, die nicht von den üblichen Messverfahren erfasst und deshalb auch nicht auf den Zigarettenpackungen genannt sind. Außerdem führt Ammoniak dazu, dass Nikotin noch besser in der Lunge aufgenommen wird und ins Gehirn gelangt.

Auch Menthol, welches man eigentlich nur als etwas gewöhnungsbedürftige Geschmacksrichtung kennt, wird von den Tabakkonzernen fast allen Zigarettensorten beigemischt. Seine Wirkung liegt darin, dass es unter anderem schmerzlindernd und kühlend wirkt. Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass es zu einer höheren Atemfrequenz und einem gesteigertem Atemvolumen führt. Der beißende Qualm wird hierdurch also „entschärft“, was dazu führt, dass er noch häufiger und tiefer eingeatmet wird. Damit der mitunter recht scharfe Mentholgeschmack abgemildert wird, werden weitere Substanzen, wie beispielsweise Pfefferminze, Gewürznelken oder Wintergrün beigemischt.

Neben Menthol enthalten viele Zigaretten noch andere „Weichmacher“, wie Vanillin, Lakritze, Honig oder Kakao. Wie Menthol sorgen diese scheinbar harmlosen Substanzen ebenfalls dafür, dass der strenge Tabakgeruch übertönt und als milder wahrgenommen wird. Ganz so harmlos sind diese Substanzen in dieser Form allerdings nicht, da sie geraucht oftmals krebserregend sind.

Nach Angaben der Deutschen Krebsforschungsgesellschaft beabsichtigen die Tabakkonzerne mit dem Zusatz dieser „Weichmacher“, die Einstiegshürde zum Rauchen abzusenken und möglichst viele Kinder und Jugendliche zum Griff zur Zigarette zu bringen. Ein Zitat aus internen Dokumenten der Zigarettenhersteller spricht für sich: „Die Leute mögen Milde. [...] wir sollten also auch mehr junge Nichtraucher mit der Milde gewinnen.“

Quellen:
Info Zusatzstoffe des dkfz (pdf)
www.stern.de

Links zu den internen Dokumenten der Tabakindustrie:
www.tobaccodocuments.org
www.legacy.library.ucsf.edu


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