NRW erhöht Eigenbedarfsgrenze

17.06.2011

Seit dem 01.06.2011 gelten in Nordrhein-Westfalen (NRW) wieder die „alten“ Eigenbedarfsgrenzen für den Besitz von Rauschmitteln. Der amtierende Justizminister Thomas Kutschaty hat per Erlass die zuvor im Jahr 2007 beschlossene Reduktion und teilweise Streichung der Eigenbedarfsgrenzen rückgängig gemacht.

Einzelner Schreibmaschinenanschlag mit Paragraph in Nahaufnahme

Bild: zettberlin / photocase.com

Durch den Erlass werden bis zu 10 Gramm Cannabis oder Haschisch, beziehungsweise bis zu 0,5 Gramm Kokain, Heroin oder Amphetamin als „geringe Menge“ eingestuft. Die Vorgängerregierung hatte die Eigenbedarfsgrenze auf 6 Gramm Cannabis reduziert und den Eigenbedarf für Kokain, Heroin und Amphetamine gestrichen. Eine höhere Eigenbedarfsgrenze bei Drogen verschafft der Staatsanwaltschaft in NRW wieder einen größeren Ermessensspielraum und kann in entsprechenden Fällen von einer Strafverfolgung absehen.

Der Besitz der genannten Substanzen bleibt natürlich weiterhin illegal. Und auch bei deutlich geringeren Mengen kann bereits eine Strafverfolgung eingeleitet werden. Die Berücksichtigung einer „geringen Menge“ ist im Betäubungsmittelgesetz jedoch unter anderem vorgesehen, damit der Staat auf unterschiedliche Arten der Drogendelinquenz (Drogenkonsum vs. Drogenhandel) differenziert reagieren kann.

Keine Eigenbedarfsgrenze bei Drogenhandel und sozialschädlichem Verhalten

Eine Strafverfolgung wird laut dem Erlass folglich auch bei einer geringen Menge immer stattfinden, wenn der Verdacht auf Drogenhandel besteht. Dieser Verdacht entsteht unter Umständen dann, wenn die gleiche Person wiederholt mit einer geringen Menge an Rauschmitteln ertappt wird. Eine Strafverfolgung findet auch immer dann statt, wenn das Verhalten des Täters besonders sozialschädlich erscheint. Hierzu zählt beispielsweise der Konsum oder der Erwerb von Drogen vor besonders schutzbedürftigen Personen, insbesondere vor oder in Schulen, Kindergärten, Jugendheimen oder auf Spielplätzen. Werden Jugendliche mit einer geringen Menge Rauschgift erwischt, müssen sie in jedem Fall mit bestimmten Auflagen rechnen, um der Strafverfolgung zu entgehen.

Höhere Eigenbedarfsgrenze bei Drogen soll den Staat entlasten

Das Ziel der Erhöhung der Eigenbedarfsgrenze ist laut Erlass vor allem die Entlastung der Polizei und der Justiz. Statt sich mit Erst- und Gelegenheitskonsumenten rumzuschlagen, sollen die dortigen Ressourcen für die Bekämpfung des Drogenhandels eingesetzt werden. Gleichzeitig sollen therapiebedürftige Konsumenten nicht unnötig kriminalisiert werden. Statt juristischer Maßregelungen sollen vorwiegend Aufklärungskampagnen für den Umgang mit Drogen sensibilisieren.

Die Opposition in NRW kritisiert die Maßnahme als „falschverstandene Toleranz“ und als falsches Signal, insbesondere für Jugendliche. Der Drogenkonsum könnte durch die Heraufsetzung des Eigenbedarfs grundsätzlich als legal erscheinen. Kritik kommt auch von Seiten der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die GdP lobt den Erlass zwar als „richtigen Schritt“, allerdings hätte sich die GdP noch „einen mutigeren Schritt der Landesregierung gewünscht“. Denn noch immer muss die Polizei in jedem Fall, selbst bei kleinsten Mengen von Rauschgift, eine Strafanzeige schreiben. Wenn davon auszugehen ist, dass die Strafverfolgung wegen der geringen Menge sowieso eingestellt wird, würde die Polizei gerne bereits von der Anzeigenerstattung absehen können. So könnten laut GdP tatsächlich mehr Ressourcen für die Bekämpfung der organisierten Drogenkriminalität frei werden.

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