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Was beim Kiffen im Körper passiert

August 2022

Kiffen oder Kekse? Rauchen oder Essen? Die Wirkung von Cannabis kann davon abhängen, wie es in den Körper gelangt. Was passiert dabei im Körper? Ist hochpotenter Cannabis schädlicher? Und wie lange kann der Wirkstoff THC nachgewiesen werden?

Bild: Aleksej Sarifulin / istockphoto.com

Ein tiefer Zug am Joint und nach kurzer Zeit setzt die Wirkung ein. Übliche Denkmuster treten in den Hintergrund, milde Euphorie macht sich breit. Die lustigen Gedankenketten können sich allerdings auch in ein beängstigendes Karussell verwandeln und das beschwingte Gefühl in Paranoia verkehren. Die Wirkung von Cannabis birgt eine Vielzahl an Facetten.

Neben der persönlichen Stimmungslage kann die Zusammensetzung der Cannabisprodukte und die Art des Konsums dabei eine Rolle spielen. Die Cannabis-Pflanze enthält eine Vielzahl so genannter Cannabinoide, von denen inzwischen über 100 bekannt sind. Das bekannteste ist delta-9-Tetrahydrocannabinol, das als THC abgekürzt wird.

Verwandlung in der Glutzone

Vermutlich weniger bekannt ist die Tatsache, dass in der Pflanze nur wenig aktives THC enthalten ist. In der Hanfpflanze liegt THC überwiegend in seiner inaktiven Form, der Tetrahydrocannabinolsäure vor, die als THCA abgekürzt wird.

THCA selbst hat keine psychoaktive Wirkung. Erst bei längerer Lagerung wandelt sich THCA langsam in psychoaktiv wirksames THC um. Der Prozess kann durch Erhitzung beschleunigt werden. Dies geschieht etwa beim Rauchen, wenn Marihuana oder Haschisch in der mehrere Hundert Grad heißen Glutzone verbrennen. In einem etwas geringeren Maße erfolgt die Umwandlung auch beim Backen, beispielsweise von Cannabis-Plätzchen.

Geringere Bio-Verfügbarkeit beim Essen von Cannabis

Der Eintritt und der Verlauf der Wirkung hängen unter anderem von der Art der Aufnahme ab. Geraucht wird der Wirkstoff THC rasch über die Atemwege aufgenommen. Erste Anzeichen eines Rausches treten nach wenigen Sekunden bis Minuten auf. Nach etwa 15 bis 30 Minuten erreicht die Wirkung ihr Maximum, um dann innerhalb von 2 bis 3 Stunden wieder abzuklingen.

Beim Vaporisieren wird Cannabis nicht verbrannt, sondern bei niedrigeren Temperaturen erhitzt, bis er verdampft. Der zeitliche Verlauf der Wirkung ist vergleichbar mit dem beim Rauchen von Cannabis. Studien zufolge wird beim Vaporisieren im Vergleich zum Rauchen allerdings eine etwas höhere THC-Konzentration im Blut erzielt.

Bei der oralen Aufnahme, also durch Essen oder Trinken von Cannabiszubereitungen, gelangt weniger THC ins Blut. In der Fachsprache wird von einer geringeren Bio-Verfügbarkeit gesprochen. Beim Inhalieren von Cannabis werden etwa 10 bis 35 Prozent des in der Droge enthaltenen THC vom Körper aufgenommen. Bei der oralen Aufnahme reduziert sich dieser Wert auf etwa 4 bis 12 Prozent.

Die geringere Bio-Verfügbarkeit der oralen Aufnahme resultiert aus der schnellen Verstoffwechselung von THC in der Leber. Vom First-Pass-Effekt wird gesprochen, wenn ein Teil des Wirkstoffs in der Leber sofort zu inaktiven Substanzen verarbeitet wird, bevor er über den Blutkreislauf zu seiner eigentlichen Wirkstätte transportiert werden kann.

Verzögerter Wirkeintritt beim Essen von Cannabis birgt Risiken

Die Wirkung setzt bei der oralen Aufnahme zudem zeitlich verzögert ein und dauert länger als beim Inhalieren von Cannabis. Die THC-Konzentration im Blut erreicht ihr Maximum erst nach 1 bis 2 Stunden, manchmal aber auch noch später. Der Rausch kann 6 Stunden und länger andauern.

Der verzögerte Wirkeintritt birgt ein zusätzliches Risiko. Konsumierende könnten versucht sein, mehr zu essen, weil die Wirkung nicht so schnell eintritt wie erwartet. Dabei riskieren sie allerdings eine Überdosierung. Diese kann psychotische Symptome, eine Panikattacke oder Herz-Kreislaufprobleme verursachen. Einer Studie aus den USA zufolge ist die Wahrscheinlichkeit für Notfälle nach dem Essen von Cannabisprodukten 33-mal höher, als wenn Cannabis geraucht wird.

Bindung an körpereigene Cannabinoid-Rezeptoren

Warum hat THC nun überhaupt eine Wirkung? Dies liegt daran, dass es im Gehirn an bestimmten Bindungsstellen andockt, den so genannten Cannabinoid-Rezeptoren. Von diesen Rezeptoren existieren zwei Haupttypen, die CB1- und CB2-Rezeptoren. CB2-Rezeptoren haben eine wichtige Funktion für das Immunsystem. Der Cannabisrausch wird vor allem über CB1-Rezeptoren im Gehirn vermittelt.

Normalerweise docken daran körpereigene Substanzen, so genannte Endocannabinoide. Endocannabinoide und Cannabinoid-Rezeptoren bilden das Endocannabinoid-System. Die bekanntesten endogenen, also körpereigenen Cannabinoide sind die Anandamide. Diese Endocannabinoide spielen vermutlich eine wichtige Rolle bei einer Vielzahl von Funktionen des menschlichen Organismus, wie etwa für das Gedächtnis und die Schmerzverarbeitung, bei Immunfunktionen und bei der Fortpflanzung.

Einfluss auf Vielzahl an Körperfunktion

Im Gehirn gibt es besonders viele Cannabinoid-Rezeptoren. Das Endocannabinoid-System nimmt auch Einfluss auf andere Neurotransmitter-Systeme, darunter Rezeptoren, an denen Dopamin aktiv ist. Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff des Belohnungssystems. Der belohnende Effekt, der von Cannabis ausgeht, scheint unter anderem hierauf zurückzuführen zu sein.

Cannabinoid-Rezeptoren finden sich auch in vielen weiteren Bereichen des Körpers, unter anderem im Herz-Kreislaufsystem oder im Verdauungstrakt. Beobachtet wurde, dass bei chronischem Cannabiskonsum das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen wie Herzrhythmusstörungen oder Gefäßschäden zunimmt. Manche Cannabiskonsumierende leiden unter dem Cannabis-Hyperemesis-Syndrom. Das Syndrom ist gekennzeichnet durch wiederkehrende starke Brechanfälle, die erst nach vollständiger Cannabisabstinenz abklingen.

Auch bei der männlichen Fruchtbarkeit könnten Cannabinoid-Rezeptoren eine Rolle spielen. Vermutet wird, dass THC die hormonelle Steuerung der Spermienentwicklung stört und das Risiko für Hodenkrebs erhöht. Schließlich ist das Endocannabinoid-System maßgeblich an der Gehirnentwicklung beteiligt. Chronischer Cannabiskonsum, vor allem in jungen Jahren, könnte somit Einfluss nehmen auf eine Vielzahl an Körperfunktionen und die geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.

Verhältnis von THC zu CBD bedingt Rauschqualität

Eine nicht ganz unwesentliche Rolle spielt das Cannabinoid Cannabidiol, abgekürzt CBD. CBD selbst wird keine psychoaktive Wirkung zugesprochen. CBD kann aber den Rausch, der durch THC erzeugt wird, abmildern. Konsumierende fühlen sich dann eher entspannt bis schläfrig. Das Verhältnis von THC zu CBD im Cannabis kann somit Einfluss nehmen auf die Qualität des Cannabisrausch. Hat Cannabis einen besonders geringen CBD-Anteil, kann der Rausch stärker halluzinogen sein.

Analysen von Cannabisproben zeigen, dass der Anteil hochpotenter Cannabissorten in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen hat. Die speziell gezüchteten Pflanzen enthalten viel THC und kaum noch CBD. Inzwischen enthält auch Haschisch, das aus Cannabisharz und Pflanzenbestandteilen gepresst wird, viel THC und ist oft sogar stärker als „normales“ Gras. Dabei ist nicht auszuschließen, dass durch die deutlich intensivierte Rauschqualität das Risiko erhöht wird, eine Psychose zu entwickeln. Studien haben zeigen können, dass das Risiko einer Psychose mit der Intensität des Cannabiskonsums zunimmt.

Lange Nachweisdauer von THC bei chronischem Konsum

THC ist fettlöslich und lagert sich leicht in Fettgewebe an. Von dort wird es nur langsam abgebaut. Die Dauer des „High“-Gefühls deckt sich aus diesem Grund nicht mit dem Nachweis von THC und seinen Abbauprodukten in Blut und Urin. Während der Rausch längst vorbei ist, kann Cannabiskonsum mitunter noch Tage bis Wochen später nachgewiesen werden, mit möglichen Konsequenzen im Rahmen von polizeilichen Verkehrskontrollen.

Der Nachweis eines Cannabiskonsums kann durch die Untersuchung von Urin, Blut, Speichel oder Haaren geführt werden. Im Speichel kann der relativ kurz zurückliegende Konsum möglicherweise bis zu 24 Stunden nachgewiesen werden. Im Blut oder Urin kann man die Substanz etwa bis zu einem Monat nachweisen. Eine genaue Angabe ist kaum möglich, da der Abbau individuellen Schwankungen unterliegt und vor allem von der Konsumintensität abhängt. Bei regelmäßigem Konsum kommt es wegen der Anlagerung im Fettgewebe zu deutlich längeren Nachweiszeiten, als beim seltenen Konsum. Auch kann es sein, dass bei einer Diät oder durch Sport, THC verstärkt aus dem Fettgewebe freigesetzt wird.

Fazit

Die Wirkung von Cannabis hängt von vielen Faktoren ab. Neben der aktuellen Stimmungslage ist die Art des Konsums von Bedeutung. Wird Cannabis inhaliert, sei es im Joint oder im Vaporisator, tritt der Rausch nach kurzer Zeit ein. Beim Essen oder Trinken von Cannabis setzt die Wirkung zeitversetzt ein, hält dafür aber länger an. Dabei wird weniger vom Cannabiswirkstoff THC aufgenommen als beim Rauchen.

Im Körper dockt THC an körpereigenen Cannabinoid-Rezeptoren an. Diese verteilen sich auf viele Organe, weshalb chronischer Cannabiskonsum mit einer Reihe negativer Folgen in Zusammenhang gebracht wird, darunter Herz-Kreislauferkrankungen, Brechanfälle oder eine gestörte Fruchtbarkeit bei Männern. Bei Jugendlichen könnte zudem die Gehirnentwicklung beeinflusst werden, da das Endocannabinoid-System an der Gehirnentwicklung beteiligt ist.

Die gute Fettlöslichkeit von THC hat zur Folge, dass sich der Wirkstoff im Fettgewebe anlagert und von dort nach und nach wieder ins Blut gelangt. Besonders bei chronisch Konsumierenden ist der Nachweis von THC daher teils noch mehrere Wochen nach dem letzten Konsum möglich.

 

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