Genetische Veranlagung macht Kiffer depressiv

28.10.2011

Wer kifft, tut dies vermutlich, um angenehme Gefühle zu erzeugen. Einer aktuellen Studie zufolge steigt aber langfristig das Risiko für Depressionen - zumindest bei Person mit einer bestimmten genetischen Veranlagung.

Junger Mann sitzt auf Bordstein, sein Kopf ist in seinen verschränkten Armen versunken

Bild: Meikel.inSpirit / photocase.com

Schon seit längerem steht Cannabis im Verdacht, Depressionen auszulösen. So ist bekannt, dass der Cannabis-Wirkstoff THC in das körpereigene Cannabinoid-System eingreift, das wiederum an der Emotionsregulation beteiligt ist. Die Befunde der Forschung waren bisher jedoch widersprüchlich. Unklar ist, ob Kiffen wirklich Auslöser für depressive Symptome ist. Denkbar wäre auch, dass depressive Personen eher zum Cannabiskonsum neigen als nicht depressive. Dies würde bedeuten, dass Kiffer quasi im Sinne der „Selbstmedikation“ zum Joint greifen, weil sie sich dadurch Linderung von depressiven Stimmungen erhoffen. Ob es einen Zusammenhang zwischen Cannabis und Depressionen gibt und ob Kiffen eine Ursache oder nicht doch eher Folge einer Depression ist, wird auch unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kontrovers diskutiert.

Eine Studie aus den Niederlanden hat hierzu neue Antworten geliefert. Roy Otten und Rutger Engels von der Radboud Universität in Nijmegen haben in ihrer Studie mehr als 300 Jugendliche über vier Jahre hinweg regelmäßig zu ihrem Cannabiskonsum sowie zu depressiven Symptomen befragt. Auch die Eltern und die jüngeren Geschwister wurden in die Studie mit einbezogen.

Zudem wurden in der Studie zu Cannabis und Depressionen erstmals genetische Unterschiede berücksichtigt. Otten und Engels legten ihr Augenmerk dabei auf ein bestimmtes Gen (5-HTTLPR), das den Serotoninhaushalt steuert und von dem angenommen wird, dass es an der Entstehung einer Depression beteiligt ist. Serotonin ist ein Neurotransmitter, von dem bekannt ist, dass es bei Depressionen eine wichtige Rolle spielt.

Die Wissenschaftler vermuteten, dass nicht Cannabiskonsum per se depressive Symptome auslöst, sondern dass nur solche Personen davon betroffen sind, die aufgrund eines bestimmten Genotyps eine gewisse Anfälligkeit (Vulnerabilität) besitzen. Zur Bestimmung des individuellen Genotyps wurde von jeder Teilnehmerin und jedem Teilnehmer eine Speichelprobe genommen.

Nach der Analysen der Daten scheint sich der Verdacht der Wissenschaftler zu bestätigen. Der Konsum von Cannabis erhöhte zwar signifikant das Risiko, depressive Symptome zu entwickeln, jedoch nur bei jenen Personen, die den entsprechenden Genotyp aufwiesen. In der Studie waren dies allerdings deutlich mehr als die Hälfte der Jugendlichen.

Einen Hinweis darauf, dass Cannabis zum Zweck der Selbstmedikation eingesetzt wird, fanden die Forscher hingegen nicht. Vielmehr existiere bei Personen mit diesem Genotyp vermutlich eine gegenseitige Beeinflussung von Cannabiskonsum und depressiven Symptomen: Aufgrund der genetischen Veranlagung könnte es sein, dass die Betroffenen einerseits schon bei vergleichsweise kleinen Mengen Cannabis schnell eine angenehme Wirkung verspüren. Andererseits könnten sich in den Folgetagen auch schneller unangenehme Entzugssymptome entwickeln. Da der Entzug unter anderem von depressiven Symptomen geprägt sei, könne die Betroffenen dies dazu veranlassen, sich durch weiteren Konsum Linderung zu verschaffen. Langfristig führe der Konsum jedoch zu einer Verschärfung der depressiven Symptomatik.

Wer Cannabis konsumiert und depressive Symptome bei sich wahrnimmt, der oder diejenige sollte sich also bewusst machen, dass das Kiffen die Symptome langfristig verschlimmern könnte.

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