Hat Cannabiskonsum Auswirkungen auf die kognitive Leistungsfähigkeit?

12.01.2018

Im bekifften Zustand für eine Klausur lernen? Sicher keine gute Idee. Ein akuter Cannabisrausch kann zweifelsohne die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns beeinträchtigen. Doch wie steht es um die langfristigen Auswirkungen? Verringern sich die Hirnleistungen auch im nüchternen Zustand?

Jugendlicher mit Nerd-Brille hält sich die Schläfen, im Hintergrund Gekritzel an der Wand.

Bild: pathdoc / Fotolia.com

Unsere grauen Zellen müssen täglich hart arbeiten. Unentwegt strömen neue Informationen auf uns ein, sei es in Form von Sinneseindrücken, Englischvokabeln oder anderen Dinge, auf die wir uns konzentrieren oder die wir lernen müssen. Wie gut wir darin sind, uns etwas zu merken, unsere Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten oder komplexe Sachverhalte zu verstehen, gibt Auskunft über unsere kognitive Leistungsfähigkeit.

In zahlreichen Studien wurde erforscht, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen Cannabiskonsum und reduzierten kognitiven Leistungen. Hervorzuheben ist eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2003. Die Autorinnen und Autoren der Studie kamen zu dem Ergebnis, dass sich nur geringfügige Effekte beim Lernen nachweisen lassen, auch bei regelmäßigem Konsum.

Allerdings würden die meisten früheren Studien aus methodischen Gründen keine Aussagen darüber machen können, ob Cannabis Lerndefizite tatsächlich verursacht, bemängelt ein Forschungsteam um Studienleiter Raul Gonzales. Um diese Frage zuverlässiger beantworten zu können, seien Längsschnittstudien notwendig, in denen die Hirnleistungen vor und nach dem Einstieg in den Cannabiskonsum untersucht werden.

Leistungsdefizite nur bei starkem Cannabiskonsum

Gonzales und sein Team haben die Forschungsliteratur nach entsprechenden Studien gesichtet und 2017 einen Fachartikel dazu veröffentlicht. Sieben Längsschnittstudien konnten sie ausfindig machen. Ihr Ergebnis: Die Frage, ob Cannabis eine Reduzierung der Hirnleistungen verursachen kann, beantworten sie zwar mit „Ja“. Allerdings würden sich Defizite nur bei starkem Cannabiskonsum bemerkbar machen, also erst bei täglichem Kiffen. Vor allem das Gedächtnis sei betroffen. Die Einbußen bei der Merkfähigkeit seien aber eher als klein zu bezeichnen.

Generell sei es jedoch schwierig, langfristige Entwicklungen der Hirnleistungen eindeutig dem Cannabis zuzuschreiben. Denn es gibt eine Vielzahl weiterer Faktoren, die Einfluss nehmen können auf die geistige Entwicklung. So sei es nach Ansicht des Forschungsteams bemerkenswert, dass in den meisten Studien zwar ein Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und kognitiven Leistungen nachgewiesen werden konnten. Dieser Zusammenhang war jedoch nach Einbezug weiterer Einflussfaktoren meist abgeschwächt oder nicht mehr signifikant.

Zwillingsstudie findet keine Unterschiede

Die beste Möglichkeit, andere Faktoren wie den familiären Hintergrund zu berücksichtigen, bieten Studien mit Zwillingen, erklären Gonzales und sein Team. Bislang gibt es jedoch erst eine Studie, in denen Zwillinge untersucht wurden, von denen der eine kifft und der andere nicht. In dieser Studie konnten keine Unterschiede bei den Hirnleistungen zwischen den Zwillingen nachgewiesen werden.

Demgegenüber stehen allerdings auch Studien, die Defizite im Alltag nachweisen konnten, wenn Jugendliche regelmäßig Cannabis konsumieren. Denn einige Studien legen den Schluss nahe, dass der frühe Einstieg Einfluss nimmt auf die Gehirnentwicklung.


Quelle:
Gonzales, R., Pacheco-Colón, I., Duperrouzel, J. C. & Hawes, S. W. (2017). Does Cannabis Use Cause Declines in Neuropsychological Functioning? A Review of Longitudinal Studies. Journal of the International Neuropsychological Society, 23, 893-902.


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