Joystick statt Joint

25.11.2005

In drei unabhängigen Studien hat die Interdisziplinäre Suchtforschungsgruppe der Berliner Charité (ISFB) untersucht, ob Computerspiele ein Suchtpotential besitzen. Außerdem wurde geprüft, ob das regelmäßige Zocken am heimischen PC aggressiver mache.

Seit einiger Zeit wird in der Forschung und der Öffentlichkeit diskutiert, ob Computerspiele abhängig machen können. Bislang mangelte es an wissenschaftlichen Beweisen für diese Annahme. Das Team um Sabine Grüsser vom ISFB ist dieser Frage in drei Studien auf den Grund gegangen.

In der ersten Studie wurden 15 „gesunde“ Computerspieler und -spielerinnen mit 15 exzessiven Spielern verglichen. Als exzessiv wurde eingestuft, wer mindestens drei der sechs international anerkannten Kriterien für eine Abhängigkeit erfüllte (unstillbares Verlangen, Toleranzentwicklung, Entzugssymptome, Vernachlässigung anderer Interessen, Kontrollverlust und anhaltend exzessives Spielen trotz schädlicher Folgen). Die Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen wurden mittels Elektroenzephalogramm (EEG) und Elektromyogramm (EMG) untersucht. Während dieser hirnphysiologischen Untersuchungen, in denen die Aktivität des Gehirns aufgenommen wird, wurden beiden Gruppen Fotos von neutralen Gegenständen, Bier- oder Schnapsflaschen sowie ein Standbild aus einem Computerspiel gezeigt. Die Autorinnen und Autoren der Studie kommen zu dem Schluss: „Die Ergebnisse liefern deutliche Hinweise darauf, dass es sich bei exzessivem Computerspielen um eine Verhaltenssucht handelt, die nicht nur die Kriterien einer Abhängigkeit erfüllt, sondern auch die gleichen zugrunde liegenden Mechanismen aufweist.“ Demnach würden die gleichen Hirnaktivitäten gemessen wie bei Alkohol- oder Cannabisabhängigkeit.

Um mehr über den Anteil an Computerspielerinnen und -spielern mit süchtigem Spielverhalten in Erfahrung zu bringen führte die ISFB in Kooperation mit www.krawall.de, einem Computerspiel-Portal, eine Online-Befragung mit 7.000 teils erwachsenen Computerspielerinnen und -spielern durch. Hier erfüllten knapp 12 Prozent der Befragten die Kriterien für exzessives Spielen (siehe oben).

Außerdem hat die ISFB eine Befragung unter 323 Schülerinnen und Schüler der 6. Klasse durchgeführt. Dabei kam heraus, dass über 9 Prozent der Kinder von exzessiven Spielgewohnheiten berichteten. Diese Kinder wiesen zudem eine schlechtere Konzentrationsfähigkeit im Unterricht auf und schlechter ausgebildete Bewältigungsstrategien im Umgang mit negativen Gefühlen.

Für alle, die Rat oder Hilfe suchen, bietet die Charité eine Hotline an. Unter der Nummer 030-450 529 529 beraten jeden Mittwoch zwischen 14:00 Uhr und 19:00 Uhr Charité-Mitarbeiter bei Verhaltenssüchten.

Quellen:

ISFB (1)
ISFB (Schülerstudie)
idw-online
www.krawall.de


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