Sind Nikotinpflaster nutzlos?

09.03.2012

Trotz des festen Willens, den Glimmstängel für immer auszudrücken, greifen viele dennoch wieder zur Zigarette. Denn Nikotin hat ein hohes Suchtpotenzial. Nikotinhaltige Ersatzpräparate wie Pflaster oder Kaugummis galten lange als wirksame Hilfsmittel beim Rauchausstieg. Eine aktuelle Studie lässt jedoch Zweifel aufkommen, ob von diesen Mittel überhaupt ein Nutzen ausgeht.

Schwarzes Schild mit weißer Schrift

Bild: sshepard / istockphoto.com

„Mit dem Rauchen aufzuhören ist kinderleicht. Ich habe es schon hundertmal geschafft“, soll der US-amerikanische Schriftsteller Mark Twain einmal gesagt haben. Tatsächlich sind Rückfälle eher der Normalfall, sei es wegen der Entzugserscheinungen oder weil die Lust auf eine Zigarette übermächtig wird. Einer Studie zufolge habe Nikotin ein höheres Suchtpotenzial als Alkohol, Cannabis und Kokain. Wer einmal eine Zigarette raucht, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter rauchen und später eine Abhängigkeit entwickeln.

Nikotinersatzpräparate in Form von Pflastern, Sprays oder Kaugummis werden schon seit Jahren eingesetzt, um den Ausstieg zu unterstützen. Sie sollen die Entzugssymptome lindern und so den Suchtdruck mindern. Viele Studien mit Kontrollgruppen bestätigen ihre Wirksamkeit. In den USA werden Nikotinersatzpräparate daher auch von offiziellen Institutionen empfohlen. Doch in einer aktuellen Studie unter der Leitung von Hillel Alpert von der Harvard Medical School in Boston kommt das Forschungsteam zu ganz anderen Schlüssen.

Alpert und sein Team haben 787 Raucherinnen und Raucher, die vor kurzem das Rauchen eingestellt hatten, in ihre Studie einbezogen. Sie wurden dreimal innerhalb von fünf Jahren dazu befragt, welche Ausstiegshilfe sie benutzt haben und ob sie rückfällig wurden. Ausstiegshilfen können Nikotinersatzpräparate, die Teilnahme an Ausstiegsprogrammen oder andere professionelle Hilfen sein.

Nikotinersatzpräparate helfen nicht

Die Ergebnisse machen deutlich, dass zu jedem Messzeitpunkt etwa ein Drittel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer rückfällig geworden ist. Die Inanspruchnahme professioneller Hilfe wie persönliche Beratung oder die Nutzung von Ausstiegsprogrammen war generell erfolgreicher als es „auf eigene Faust“ zu versuchen. Das ist soweit nicht ungewöhnlich. Was das Forschungsteam jedoch erstaunte, war die Tatsache, dass es im besten Falle völlig unerheblich war, ob die Ausstiegswilligen zusätzlich Nikotinersatzpräparate benutzen oder nicht. „Die Studie zeigt, dass Nikotinersatzmittel auf lange Sicht nicht effektiver sind bei der Unterstützung eines Rauchausstiegs als wenn man es einfach so probiert“, schlussfolgert Alpert.

Das Wissenschaftlerteam war insofern überrascht, als sie eher das Gegenteil erwarteten. „Wir hatten uns etwas völlig anders erhofft“, sagt Co-Autor Gregory Connoly gegenüber der New York Times. „Ich habe selbst jahrelang ein Therapieprogramm geleitet, und wir haben Millionen in derartige Behandlungsangebote investiert.“

Negativer Effekt bei starken Raucherinnen und Rauchern

Bei starken Raucherinnen und Rauchern zeigte sich sogar ein negativer Effekt für Nikotinpräparate. Wer diese Mittel ohne weitere Unterstützung eingenommen hat, hatte ein größeres Risiko wieder mit dem Rauchen anzufangen, als jene starken Raucherinnen und Raucher, die es ohne jegliche Hilfe versuchten. Wie kann das sein?

In ihrem Fachartikel, der in der Zeitschrift Tobacco Control veröffentlicht wurde, argumentiert das Autorenteam, dass starke Raucherinnen und Raucher Nikotinersatzpräparate oft als eine Art „Wundermittel“ betrachten: Man nimmt sie ein und hofft, dass die Nikotinabhängigkeit wie durch Zauberhand verschwindet. Wozu sich da noch zusätzlich mit den Herausforderungen des Rauchausstiegs wie beispielsweise Risikosituationen befassen? Allerdings legen derartige Präparate natürlich keinen Schalter im Kopf um, sondern lindern höchstens die Entzugserscheinungen. Die Folge ist, dass die Personen relativ unvorbereitet das Rauchen aufgeben und in kritischen Situationen schnell wieder zur Zigarette greifen.

Nach Ansicht des Forschungsteams würden die Ergebnisse deutlich machen, wie wichtig es sei, die Ergebnisse klinischer Studien an der normalen Bevölkerung zu überprüfen. Denn in den USA seien in den letzten Jahren viel Geld in die medikamentöse Behandlung der Nikotinabhängigkeit gesteckt worden, zulasten anderer wirksamer Maßnahmen.

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