Verbotener Spice-Wirkstoff kann abhängig machen

07.08.2009

Seit Januar 2009 ist die Kräutermischung „Spice“ mit den beigemengten Wirkstoffen CP-47,497 und JWH-018 verboten. Welche Folgen der unkontrollierte Konsum dieser Substanzen haben kann, war bislang jedoch wissenschaftlich nicht untersucht worden. In einem Artikel des Deutschen Ärzteblatts wurde nun der Fall eines 20-jährigen Mannes beschrieben, der deutliche Anzeichen einer Abhängigkeit zeigte, nachdem er über acht Monate „Spice Gold“ konsumierte.

2008 hatte es eine Menge Wirbel um die Kräutermischung „Spice“ gegeben. Medienberichten zufolge konnten die Betreiber von so genannten Head-Shops, wo „Spice“ verkauft wurde, kaum die Nachfrage decken. Offenbar hatte es sich rumgesprochen, dass „Spice“ psychoaktive Wirkungen entfaltet, wenn es geraucht wird. Die Wirkung sei dem von Cannabis ähnlich. Erste Analysen konnten aber kein Cannabis oder andere Drogen in „Spice“ finden. Schließlich hat ein von der Stadt Frankfurt beauftragtes Pharmaunternehmen ein bis dato relativ unbekanntes Cannabinoid gefunden. Es handelte sich um die künstlich hergestellte Substanz JWH-018. Später wurde ein weiteres synthetisches Cannabinoid, CP-47,497, in anderen Kräutermischungen gefunden. Per Eilverordnung wurden die Substanzen im Januar 2009 in das Betäubungsmittelgesetz aufgenommen. Über die langfristigen Folgen des Konsums war jedoch noch nichts bekannt.

Ein im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichter Fallbericht eines 20-Jährigen macht nun deutlich, dass der Konsum von synthetischen Cannabinoiden ebenso zu einer Abhängigkeit führen kann, wie der von pflanzlichem Cannabis. Der 20-jährige Patient rauchte neben Zigaretten über einen Zeitraum von acht Monaten „Spice Gold“. Aufgrund einer geringer werdenden Wirkung (Toleranzentwicklung) steigerte er die tägliche Dosis auf 3 Gramm, die er mit einer Bong rauchte - die erste frühmorgens. Aufgrund des starken Konsums drohte ihm schließlich der Verlust des Ausbildungsplatzes. Auf freiwilliger Basis wurde er schließlich zur Entgiftung stationär in ein Krankenhaus aufgenommen.

Bei der Aufnahme konnten keine weiteren Substanzen im Urin nachgewiesen werden. Am zweiten Tag der Entzugsbehandlung beklagte sich der Patient über zunehmende Unruhe. Ab dem vierten Tag kamen nächtliche Alpträume, starkes Schwitzen, Übelkeit, Zittern, Kopfschmerzen und ein starkes Verlangen nach „Spice“ hinzu. Nach Angaben der Autorinnen und Autoren des Fachartikels erfüllte der Patient damit wesentliche Kriterien für das Vorliegen einer Abhängigkeit, da er eindeutige Zeichen eines Entzugsyndroms zeige.

Der Patient berichtete zudem, er fühle sich, „wie neben sich selbst zu stehen“. Außerdem habe er ein hin und wieder auftretendes Gefühl von elektrischen Schlägen im Schulterbereich, gefolgt von einem Taubheitsgefühl im rechten Arm, das bis in die Finger ausstrahlte und etwa eine Minute anhalte. Am siebten Tag schließlich verschwand die Entzugssymptomatik und der Patient fühlte sich wohler. Allerdings wurde sein Entzug noch eine Weile medikamentös unterstützt, um seine innere Unruhe und Einschlafprobleme zu milden. Zusätzlich nahm er an psychotherapeutischen Gruppensitzungen teil. Als er vier Monate später nochmals ambulant behandelt wurde ging es ihm nach eigenem Bekunden gut und er brauche nun weder „Spice“ noch Medikamente.

Das Autorenteam um Ulrich Zimmermann schließt auf der Basis der Patientendaten, dass aller Wahrscheinlichkeit nach die in „Spice“ enthaltenen synthetischen Cannabinoide verantwortlich sind für die Entzugssymptome. Ihre Beobachtungen würden die im Januar vorgenommene Einstufung als Betäubungsmittel daher bestätigen.

Quelle:
Zimmermann, U., Winkelmann, P., Pilhatsch, M., Nees, J., Spanagel, R. & Schulz, K. (2009). Entzugszeichen und Abhängigkeitssyndrom nach „Spice Gold“-Konsum. Deutsches Ärzteblatt, 106 (27), 464-467. Artikel


Kommentare

Kommentare

Um Kommentare schreiben zu können, musst du dich anmelden oder registrieren.