Wille allein reicht nicht

06.12.2013

Die meisten Cannabisabhängigen versuchen, ohne fremde Hilfe aus dem Kiffen auszusteigen. Das klappt nur in den wenigsten Fällen auf Anhieb. Warum das so ist, das hat ein aktuelle US-amerikanische Studie untersucht.

Jemand hält einen Handheld-Computer in der Hand.

Bild: © istock.com / BelleMedia

Klingeling. Anthony reicht gerade den Joint in der Runde weiter, als sein tragbarer Minicomputer sich mal wieder bemerkbar macht. Bis zu sechs Mal am Tag fordert der Palm Z22 ihn dazu auf, einen kleinen Fragebogen auszufüllen. Ob er gerade Cannabis konsumiere, aus welchen Gründen er das tue oder wie er es geschafft habe, nicht mitzukiffen, will das Gerät wissen.

Anthony ist zwar frei erfunden, die fiktive Situation könnte sich aber so oder ähnlich mehrfach zugetragen haben. Im Rahmen einer US-amerikanischen Studie wurden 30 Cannabiskonsumierende mit Minicomputern ausgestattet. Über einen Zeitraum von zwei Wochen wurden die Testpersonen mehrmals am Tag per Klingelzeichen dazu aufgefordert, Fragen zu ihrem Konsum zu beantworten.

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten zuvor bekundet, mit dem Kiffen aufhören zu wollen. Ziel der Studie war es, zu erfahren, wie es Kiffern gelingt, trotz Cannabisabhängigkeit erfolgreich aus dem Konsum auszusteigen oder unter welchen Umständen sie doch wieder zum Joint greifen.

Bislang sei wenig bekannt über die Mechanismen, die den erfolgreichen oder erfolglosen Ausstiegsversuchen zugrunde liegen, erläutert das Forschungsteam in ihrer Fachpublikation. Die Minicomputer seien daher eine gute Methode, um Daten direkt im Lebensumfeld der ausstiegswilligen Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten zu erfassen. Alle beteiligten Probandinnen und Probanden hatten vor, den Konsum ohne fremde Hilfe einzustellen. Erfahrungsgemäß klappt der Ausstieg aber bei den Wenigsten auf Anhieb.

Fast alle rückfällig

Dies hat sich auch in der Studie bestätigt. Hierbei spielten Entzugssymptome eine wichtige Rolle. 71 Prozent der Beteiligten hatte öfters den mehr oder weniger starken Wunsch, wieder zu kiffen. In der Fachsprache wird der starke Drang auch Craving genannt. Bis auf eine Person sind alle innerhalb der zwei Wochen wieder rückfällig geworden.

Der am häufigsten genannte Grund für den erneuten Konsum war die Bekämpfung unangenehmer Gefühle. Etwa die Hälfte der Teilnehmenden hat das Kiffen eingesetzt, um schlechte Laune zu vertreiben, Probleme zu vergessen oder um sich einfach besser zu fühlen. Die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall war besonders dann hoch, wenn sie mit konsumierenden Freunden zusammen waren. Die Teilnehmenden der Studie begründeten dies damit, dass sie sich wie die anderen fühlen wollten, um mehr Teil der Gruppe zu sein.

Ablenkung als Kontrollstrategie

Gelegentlich ist es den Teilnehmenden aber gelungen, dem Drang zu widerstehen. Die am häufigsten genannte Strategie, um den Drang wieder zu kiffen in den Griff zu kriegen war, sich mit etwas anderem zu beschäftigen und sich abzulenken. Häufig wurden auch kognitive Strategien angewendet, bei der die Person an bestimmte Dinge denkt. Manche haben sich einfach selbst verboten zu kiffen. Andere haben versucht, bewusst an etwas anderes zu denken. Oder sie haben sich zum Durchhalten motiviert, indem sie sich die positiven Aspekte des Ausstiegs bzw. die negativen des Weiterkiffens vor Augen geführt haben.

In vielen Situationen hatten die Teilnehmenden der Studie keine speziellen Bewältigungsstrategien angewendet, sondern versucht, den Drang zu kiffen, mit reiner Willenskraft auszuhalten. Die Ergebnisse machen allerdings deutlich, dass diese „Strategie“ wenig erfolgreich ist.

Quelle:
Buckner, J. D., Zvolensky, M. J. & Ecker, A. H. (2013). Cannabis use during a voluntary quit attempt: An analysis fromecological momentary assessment. Drug and Alcohol Dependence, 132 (3), 610-616.


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