Zunahme von Krankenhausbehandlungen wegen Cannabiskonsum

23.02.2022

In Deutschland hat sich in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme bei den Krankenhausbehandlungen als Folge von problematischem Cannabiskonsum abgezeichnet.

Bild: jsmith / istockphoto.com

„Ich habe mehrmals versucht, alleine vom Kiffen loszukommen. Nach meinem letzten Rückfall hatte ich es satt.“ Tina* hat für ihren Ausstieg aus dem Cannabiskonsum Hilfe im Beratungsprogramm Quit the Shit in Anspruch genommen. So wie Tina geht es auch anderen Menschen, die merken, dass ihr Cannabiskonsum überhandgenommen hat. Manchmal haben Betroffene noch weitere Probleme wie Depressionen oder psychotische Symptome und begeben sich zur Behandlung in ein Krankenhaus.

Aus den USA gibt es Hinweise, dass mit der zunehmenden Verbreitung des Cannabiskonsums auch die Anzahl an Menschen zugenommen hat, die sich aufgrund ihres Cannabiskonsums in ärztliche Behandlung begeben. Doch wie sieht es in Deutschland aus? Ein Forschungsteam unter der Leitung von Maximilian Gahr hat sich mit der Frage befasst, ob die Entwicklung hierzulande ähnlich verläuft.

Entwicklung der Krankenhausdiagnosen zwischen 2000 und 2018

Die Forscherinnen und Forscher haben sich die Entwicklung der Krankenhausdiagnosen zwischen den Jahren 2000 und 2018 angeschaut. Grundlage der Studie waren Angaben des Statistischen Bundesamts zur jährlichen Anzahl an Fällen, in denen Cannabiskonsum als wesentlicher Grund der Behandlung genannt und eine so genannte Hauptdiagnose erstellt wurde.

Zur Kontrolle hat das Team die Anzahl an Diagnosen ausgewertet, die im gleichen Zeitraum in Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol erfasst wurden. Auch die Gesamtzahl aller Krankenhausdiagnosen wurde berücksichtigt, um die relative Häufigkeit von Cannabis-Diagnosen bestimmen zu können.

5-fache Zunahme bei Krankenhausbehandlungen wegen Cannabiskonsum

Den Ergebnissen zufolge ist ein fast steter Anstieg bei der Häufigkeit von Cannabis-Diagnosen zu beobachten. Sowohl die absolute als auch die relative Häufigkeit der Krankenhausbehandlungen wegen Cannabiskonsum hat zugenommen. Zwischen 2000 und 2018 gab es eine 4,8-fache Zunahme bei der Anzahl an Hauptdiagnosen in Zusammenhang mit Cannabis. Bei der Anzahl an Behandlungen wegen akuter Probleme im Cannabisrausch hat sich eine 2,8-fache Steigerung abgezeichnet. Psychotische Symptome infolge des Cannabiskonsums sind um das 4,5-fache gestiegen. Die Diagnose Cannabisabhängigkeit wurde 2018 sogar 8,5-mal häufiger gestellt als im Jahr 2000.

Die Entwicklung der Alkohol-Diagnosen hat hingegen gezeigt, dass es keine generelle Zunahme von Abhängigkeitserkrankungen zu geben scheint. Zwar gab es zwischen 2000 und 2018 eine kleine Zunahme bei der absoluten Zahl an Krankenhausbehandlungen wegen Alkoholproblemen. Die relative Häufigkeit, also der Anteil an Alkohol-Diagnosen bezogen auf die Gesamtzahl aller Krankenhausbehandlungen, war jedoch rückläufig.

Mögliche Gründe für die Zunahme

Welche Gründe könnten verantwortlich sein für die Zunahme von Krankenhausbehandlungen infolge von Cannabiskonsum? Nach Einschätzung von Gahr und seinem Team könnte die Einführung von medizinischem Cannabis und die Diskussion um eine Legalisierung von Cannabis die Akzeptanz der Droge in der Bevölkerung erhöht und nachfolgend auch zur stärkeren Verbreitung des Konsums beigetragen haben.

Die Droge selbst habe sich über die Jahre ebenfalls verändert. Studien legen nahe, dass der Anteil hochpotenter Cannabissorten mit einer hohen Konzentration des Wirkstoffs THC zugenommen hat. Darüber hinaus werden seit einigen Jahren neue synthetische Cannabinoide vermarktet. Die künstlichen Wirkstoffe sind teils extrem potent. Der Konsum ist mit entsprechend hohen gesundheitlichen Risiken verbunden. Konsumierende erleben teils starke Entzugssymptome oder werden psychotisch.

 

Quelle:

Gahr, M., Ziller, J., Keller, F., Muche, R., Preuss, U. W. & Schönfeldt-Lecuona, C. (2022). Incidence of inpatient cases with mental disorders due to use of cannabinoids in Germany: a nationwide evaluation. European Journal of Public Health, https://doi.org/10.1093/eurpub/ckab207.

 

*Name geändert


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