Abhängig vom Handy?

26.01.2007

Immer und überall erreichbar zu sein, das ist für viele Menschen bereits Realität. Dies als krankhaftes Verhalten zu bezeichnen wäre sicher unangemessen. Kritisch wird es erst, wenn das Handy ein Zeit lang ausgeschaltet werden muss, beispielsweise im Kino oder im Flugzeug. Während dies für die meisten Menschen kein Problem darstellt, geraten einige derart unter Stress, dass von suchtähnlichem Verhalten gesprochen werden kann. Dr. Lisa Merlo von der University of Florida untersucht das Phänomen und vermutet, dass die problematische Handynutzung zunehmen wird.

Während eine Abhängigkeit von Substanzen wie Alkohol, anderen Drogen oder die Spielsucht einigermaßen gut zu erkennen ist, lässt sich eine problematische Handynutzung nicht so einfach feststellen. Denn fast jeder in den USA und auch in Deutschland hat mittlerweile ein Mobiltelefon, und der Besitz eines dieser Minicomputer (PDA), mit denen man Telefonieren, E-Mails empfangen oder die letzte Powerpointpräsentation noch einmal durchsehen kann, gehört in so manchen Geschäftskreisen zum absoluten Muss.

Wie eine Person darauf reagiert, wenn sie einmal ohne Handy oder PDA (Personal Digital Assistent) auskommen muss, dass sei entscheidend. Diese könne bei „Handyabhängigen“ regelrecht Angst auslösen. Erste Symptome bei „Handyabhängigen“ zeigen sich demnach im zwanghaften Überprüfen der Mailbox oder des SMS-Eingangs, sagt Merlo. Problematisch wird es aber erst dann, wenn die Handynutzung Ängste oder gar Depressionen hervorrufe, so Merlo. Eine von anderen nicht beantwortete SMS könne in dieser Hinsicht schnell zu Frust und Enttäuschung führen, besonders wenn der oder die Nutzer/-in zusätzlich noch über ein schwaches Selbstbewusstsein verfügt.

Den Recherchen von Merlo zufolge sei dies ein zunehmendes Problem. So habe eine japanische Studie herausgefunden, dass Kinder mit Mobiltelefonen oft keine Freundschaften schließen würden mit Kindern, die kein Handy besitzen und viele zudem sagten, in gewisser Weise davon abhängig zu sein. Zu einem ähnlichen Ergebnis sei auch eine britische Studie gekommen, in der 36 Prozent der befragten Studentinnen und Studenten angaben, sich nicht vorstellen zu können, ohne Handy auszukommen. Allerdings könne das auch ein Zeichen dafür sein, dass Studenten Handys als eine alltägliche Notwendigkeit ansähen wie z. B. ein Auto, sagt David Sheffield von der Staffordshire University, an der die Studie durchgeführt wurde. „Das am meisten schockierende Ergebnis war, dass 7 Prozent angaben, dass der Gebrauch von Mobiltelefonen den Verlust einer Beziehung oder eines Jobs verursacht hat“, sagt Sheffield.

Möglicherweise handelt es sich bei der „Handyabhängigkeit“ aber um ein ähnliches Phänomen wie die „Internetabhängigkeit“. Letzteres als eigenständige Abhängigkeit zu bezeichnen ist umstritten. So hat ein Forschungsteam erst kürzlich eine Studie zu exzessivem Internetsurfen veröffentlicht, in der es zeigen konnte, dass zwar über 12 Prozent der US-Bürgerinnen und -Bürger einen problematischen Gebrauch des Internets aufweisen. Es zeigte sich aber auch, dass viele dieser Personen vorher bereits andere (soziale) Probleme hatten und das Internet als Fluchtmöglichkeit nutzen.

Quellen:
Pressemitteilung der Universität Florida
News vom 20.12.2006: "Exzessives Internetsurfen: Eine Flucht vor eigenen Problemen?"


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