Beeinträchtigt Cannabiskonsum die geistige Entwicklung Jugendlicher?

23.08.2023

Welchen Einfluss hat Kiffen auf die geistige Leistungsfähigkeit Jugendlicher? In den USA ist eine Langzeitstudie mit Teenagern dieser Frage nachgegangen.

Bild: Ridofranz /iStock.com

Im Alter zwischen 10 und 16 Jahren ist vieles im Umbruch. Nicht nur äußerlich vollziehen junge Menschen eine Verwandlung. Auch ihr Gehirn ist im Umbau. Fachleute sprechen von einer kritischen Phase der Gehirnentwicklung. Gleichzeitig steigt die Risikobereitschaft, Cannabiskonsum inklusive.

Kann Cannabis die geistige Entwicklung Jugendlicher womöglich nachhaltig beeinträchtigen? Bisherige Studien legen dies nahe, jedoch gäbe es häufig methodische Einschränkungen, erklären Diana Fishbein und Wen Ren in einer aktuellen Publikation. Oftmals sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass sich kiffende Jugendliche vielleicht schon vor dem Einstieg in den Cannabiskonsum von abstinenten Jugendlichen unterschieden haben. Mit einer Längsschnittstudie sollte dieses Problem zumindest verringert werden.

Mehrfach und über einen Zeitraum von 5 Jahren haben Fishbein und Ren die geistige Leistungsfähigkeit von 465 Jugendlichen getestet. Zu Beginn der Studie waren die Teilnehmenden zwischen 10 und 12 Jahre alt und hatten noch keine Drogenerfahrungen. Im Alter zwischen 15 und 17 Jahren wurden letztmals Tests durchgeführt. Einige Jugendliche haben in der Zwischenzeit angefangen zu kiffen, andere sind abstinent geblieben.

Kiffen beeinträchtigt Leistungsfähigkeit des Gehirns

In den Tests wurden verschiedene Hirnleistungen untersucht. Unter anderem wurden die Lernfähigkeit und das Kurzzeitgedächtnis getestet. Zum Beispiel sollten sich die Jugendlichen Wörter von einer Liste einprägen. Unmittelbar danach und 30 Minuten später sollten sie die Wörter aufschreiben, an die sie sich erinnern.

Bei der ersten Untersuchung, als alle Jungen und Mädchen noch drogenfrei waren, gab es keine Gruppenunterschiede. Im Laufe der Zeit, als der eine oder die andere mit dem Kiffen angefangen hat, änderte sich das. Kiffende Jugendliche konnten sich an etwas weniger Wörter erinnern als abstinent gebliebene Teenager.

Außerdem zeigten Jugendliche, die Cannabis konsumierten, schlechtere Leistungen bei Aufgaben, in denen die Aufmerksamkeit gefragt war oder die Fähigkeit, aufkommende Impulse zu kontrollieren. Eine Person gilt als impulsiv, wenn sie handelt, ohne an die Konsequenzen zu denken. Wer hingegen fähig ist, auf eine Belohnung zu warten, ist offenkundig in der Lage, die eigenen Impulse in Schach zu halten. Ist die Entwicklung der Impulskontrolle beeinträchtigt, kann dies weitreichende Folgen haben. So hat eine Studie beispielsweise gezeigt, dass eine niedrige Impulskontrolle mit einer erhöhten Suchtanfälligkeit in Verbindung steht.

Auch in anderen Tests, in denen die Aufmerksamkeit oder die Fähigkeit, Emotionen zu erkennen, auf die Probe gestellt wurden, schnitt die Gruppe der Jugendlichen mit Cannabiskonsum nicht so gut ab wie abstinent gebliebene Jungen und Mädchen.

Auch vorübergehende Einbußen der Hirnleistungen mindern Bildungschancen

Zwar waren die Einbußen teils nur geringfügig oder nicht dauerhaft, das Forschungsteam mahnt dennoch, dass sich für Jugendliche bedeutsame Konsequenzen daraus ergeben können. So haben die Tests gezeigt, dass die Merkfähigkeit zwar nur für eine gewisse Zeit gestört war. Dies könne nach Einschätzung von Fishbein und Ren aber unmittelbar zu Lernproblemen in der Schule führen. In Kombination mit anderen Defiziten wie einer geringen Impulskontrolle oder verminderter Aufmerksamkeit könnten sich die Schulleistungen verschlechtern und die Bildungschancen durchs Kiffen generell abnehmen.

Cannabiskonsum in der Jugend könne allerdings auch Ausdruck von anderen Problemen sein, erklären die Forschenden. Sie plädieren dafür, in der Prävention unter anderem die Themen Mobbing und traumatische Erfahrungen in den Fokus zu nehmen. Die Forschenden schlagen beispielsweise Achtsamkeitsübungen vor, um Jugendlichen zu einem besseren Umgang mit Stress oder Aggressionen zu verhelfen und so auch der Entwicklung von problematischem Cannabiskonsum vorzubeugen.

 

Quelle:

Ren, W., & Fishbein, D. (2023). Prospective, longitudinal study to isolate the impacts of marijuana use on neurocognitive functioning in adolescents. Frontiers in Psychiatry, 14, 1048791.


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