Cannabiskonsumierende überschätzen Fahrtüchtigkeit nach dem Kiffen

02.03.2022

In einer Studie wurde im Fahrsimulator getestet, wie sich unterschiedlich hohe Dosen des Cannabiswirkstoffs THC auf das Fahrvermögen auswirken und wann sich Konsumierende wieder fahrtüchtig fühlen.

Bild: LauriPatterson / istockphoto.com

„Rauche so, wie du es zuhause tun würdest, um high zu werden“, lautete die Anweisung. Danach ging es in den Fahrsimulator. Die Auswirkungen des Cannabiskonsums auf die Fahrtüchtigkeit wurden zwar schon in früheren Studien untersucht. Nach Einschätzung von Studienleiter Thomas Marcotte und seinem Team seien diese Studien jedoch häufig mit methodischen Problemen behaftet und hätten noch Fragen offengelassen. So seien die Stichproben oft eher klein. Und bislang sei nicht genau untersucht worden, wie es um den zeitlichen Zusammenhang zwischen der konsumierten Cannabissorte und der Fahrtüchtigkeit steht. Auch durften die Teilnehmenden meist nicht so kiffen, wie sie es gewohnt waren.

Das Forschungsteam hat diese Aspekte in einer so genannten Doppel-Blind-Studie berücksichtigt. 191 Freiwillige, die regelmäßig kifften, wurden zufällig auf drei Gruppen aufgeteilt. Die Teilnehmenden wussten nicht, welcher Gruppe sie zugewiesen wurden. Dieser Vorgang wird als „Verblindung“ bezeichnet.

Drei Gruppen mit unterschiedlicher THC-Konzentration

Alle Teilnehmenden bekamen einen Joint zu rauchen. Je nach Gruppenzugehörigkeit enthielt der Joint eine andere Cannabissorte. Eine Variante enthielt nur 0,02 Prozent THC. Da von dieser geringen Dosis keine psychoaktive Wirkung zu erwarten ist, galt die Sorte als Placebo. Die beiden anderen Sorten enthielten 5,9 Prozent und 13,4 Prozent THC.

Nach dem Kiffen mussten die Teilnehmenden ihre Fahrtüchtigkeit in einem Fahrsimulator unter Beweis stellen. Auf einem Teilstück der Fahrstrecke mussten die Versuchspersonen zusätzlich eine Aufgabe auf einem Tablet ausführen. Damit wurde getestet, wie gut sie darin sind, ihre Aufmerksamkeit zu teilen, ohne von der Straße abzukommen. Die Aufgabe würde der Situation ähneln, wenn die Navigation im Auto bedient wird.

Wie zu erwarten war, schnitten die Teilnehmenden der Placebo-Gruppe besser ab, als die Versuchspersonen, die an „echten“ Joints gezogen haben. Allerdings gab es keine Unterschiede zwischen den THC-Gruppen, deren Joints 5,9 oder 13,4 Prozent des Cannabiswirkstoffs enthielten. Das Forschungsteam vermutet, dass die Teilnehmenden die Intensität des Rauchens angepasst hätten, beispielsweise durch tieferes Inhalieren, um den gewünschten Rauschzustand zu erreichen.

Hälfte der Versuchsperson würde nach 90 Minuten wieder fahren

Zu verschiedenen Zeitpunkten wurden die Teilnehmenden gefragt, ob sie sich wieder nüchtern genug fühlten, um am Straßenverkehr teilzunehmen. Schon nach 90 Minuten gaben fast die Hälfte der eigentlich bekifften Versuchspersonen an, sich das Fahren wieder zuzutrauen. Tatsächlich waren ihre Fahrleistungen noch deutlich schlechter als die der Personen aus der Placebo-Gruppe. Beispielsweise konnten sie die Fahrspur nicht so gut halten, wenn sie ihre Aufmerksamkeit teilen mussten. Erst 4,5 Stunden nach dem Konsum waren die Fahrleistungen der Personen aus beiden THC-Gruppen nicht mehr von denen der Placebo-Gruppe zu unterscheiden.

Das Forschungsteam zieht daraus die Schlussfolgerung, dass Cannabiskonsumierende ihre Fahrtüchtigkeit unter realen Bedingungen möglicherweise überschätzten könnten und sich wieder ans Steuer setzen, wenn sie objektiv noch beeinträchtigt sind. Wie eine frühere Studie gezeigt hat, sind Konsumierende allerdings in komplexen Fahrsituationen schnell überfordert.

Vor allem regelmäßig Konsumierende müssen sich zudem bewusst machen, dass bei ihnen auch nach Abklingen der Wirkung noch THC-Konzentrationen im Blut oder Urin nachgewiesen werden können, die zum Verlust der Fahrerlaubnis führen können. Dann ist in der Regel eine MPU erforderlich, um den Führerschein wieder zu bekommen.

 

Quelle:

  • Marcotte, T. D., Umlauf, A., Grelotti, D. J., Sones, E. G., Sobolesky, P. M., Smith, B. E., Hoffman, M. A., Hubbard, J. A., Severson, J., Huestis, M. A., Grant, I. & Fitzgerald, R. L. (2022). Driving Performance and Cannabis Users’ Perception of Safety: A Randomized Clinical Trial. JAMA Psychiatry, doi:10.1001/jamapsychiatry.2021.4037.
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