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Wie Amphetamine das Gehirn schädigen

März 2021

Amphetamine machen hellwach und treiben zu Höchstleistungen an. Speed und Crystal Meth können das Gehirn jedoch nachhaltig schädigen.

Bild: Alen-D / istockphoto.com

Die Laune steigt, Müdigkeit ist wie weggeblasen, Tatendrang macht sich breit. Amphetamine wie Speed oder Crystal Meth sind leistungssteigernde Drogen. Das kann für die Eine oder den Anderen verführerisch sein. So verführerisch, dass Konsumierende immer wieder zur Droge greifen. Sie tun es, um länger feiern zu können, um bei der Arbeit mehr zu leisten oder einfach nur, um besser drauf zu sein. Das Abhängigkeitspotential der Stimulanzien ist enorm.

Wer Speed oder Crystal häufiger konsumiert, nimmt mit der Zeit meist immer höhere Dosen. Konsumierende entwickeln eine Toleranz gegenüber der Wirkung der Droge. Doch bei häufigem Konsum und vor allem bei ansteigender Dosis steigt auch das Risiko für Gehirnschäden. Die Forschung hat aufzeigen können, dass insbesondere jene Bereiche des Gehirns geschädigt werden, in denen der Botenstoff Dopamin eine Rolle spielt. Denn die stimulierende Wirkung wird in erster Linie durch eine massive Ausschüttung von Dopamin hervorgerufen.

Nachhaltige Störung des Dopaminhaushalts durch Amphetamine

Nervenzellen sind über den synaptischen Spalt miteinander verbunden. Dopamin ist ein Neurotransmitter, also ein chemischer Botenstoff, der die Reizweiterleitung zwischen Nervenzellen sicherstellt. Die Reizweiterleitung erfolgt nach folgendem Prinzip: Neurotransmitter wird aus den Speichern einer Nervenendigungen freigesetzt, wandert durch den synaptischen Spalt und dockt an den Rezeptoren der Gegenstelle an. Anschließend wird der Neurotransmitter wieder in die Speicher der vorgelagerten Nervenzelle aufgenommen.

Amphetamine bewirken nicht nur eine besonders starke Entleerung der Dopaminspeicher. Zugleich unterdrücken Amphetamine auch die Wiederaufnahme von Dopamin in die Speicher der Nervenendigung. Die Folge ist eine sehr hohe Dopamin-Konzentration im synaptischen Spalt und eine entsprechend starke Reizung der nachgelagerten Nervenzelle.

Die starke Stimulation kann den Dopaminhaushalt jedoch nachhaltig stören und Nervenzellen zerstören. Eine Reihe von Studien hat sich damit befasst, wie Amphetamine dem Gehirn schaden. Bei einigen wurde Amphetamin, in anderen Methamphetamin untersucht. Beide Substanzen haben ein ähnliches Risikoprofil und werden hier als Amphetamine zusammengefasst. Mehrere Mechanismen scheinen an der neurotoxischen, also nervenschädigenden Wirkung der Amphetamine beteiligt zu sein.

Amphetamine verursachen oxidativen Stress

Von herausragender Bedeutung für die neurotoxische Wirkung gilt ein Mechanismus, der als oxidativer Stress bezeichnet wird. Amphetamine produzieren so genannte freie Radikale. Das sind besonders reaktionsfreudige Moleküle, denen ein Elektron fehlt. Freie Radikale „stressen“ Zellen, indem sie ihnen Elektronen entreißen. Im Rahmen von Reparaturprozessen würde der Körper diese Moleküle neutralisieren. Nehmen freie Radikale überhand, wie beim Konsum von Amphetaminen, reichen die körpereigenen Mechanismen jedoch nicht mehr aus.

Die durch Amphetamine produzierten freien Radikale schädigen auch die „Kraftwerke“ der Nervenzelle, die als Mitochondrien bezeichnet werden. Sie sind für den Energiestoffwechsel einer Zelle zuständig. Unter dem Einfluss von Amphetaminen arbeiten die Mitochondrien aber ohnehin am Limit. Werden Mitochondrien zusätzlich durch oxidativen Stress geschädigt, kann ein Vorgang ausgelöst werden, der als programmierter Zelltod oder Apoptose bezeichnet wird.

Amphetamine beschleunigen programmierten Zelltod

Die Apoptose ist für eine normale Entwicklung eines Organismus wichtig, um defekte Zellen zu entsorgen. Durch Amphetamine werden Nervenzellen aber gewissermaßen in die Apoptose „getrieben“, sterben also übermäßig ab. Zwar kann das Gehirn Nervenzellen in begrenztem Maße neu bilden, es gibt aber Hinweise aus der Forschung, dass Amphetamine die Entstehung neuer Nervenzellen unterdrückt. Die durch Amphetamine ausgelösten Gehirnschäden können daher sehr langanhaltend sein. Studien zufolge können Schäden im Dopaminsystem noch mehrere Jahre nach dem Konsumausstieg nachgewiesen werden.

Ein weiterer nervenschädigender Mechanismus hängt mit dem Neurotransmitter Glutamat zusammen. Glutamat gilt als wichtigster Neurotransmitter mit erregender Wirkung auf Nervenzellen im Gehirn. Amphetamine verursachen eine verstärkte Ausschüttung von Glutamat, was zu einer Überstimulation im Gehirn führen kann. Die Überstimulation ist ebenfalls Stress für Nervenzellen, vor allem für die Mitochondrien, was letztlich Apoptose, also das Absterben von Nervenzellen auslösen kann.

Die durch Amphetamine hervorgerufenen Schäden betreffen vor allem Nervenzellen im Hippocampus, im Striatum und im präfrontalen Cortex. Diese Bereiche des Gehirns sind wichtig für das Gedächtnis, die Bewegungssteuerung und andere geistige Leistungen wie die Entscheidungsfindung oder die Impulskontrolle.

Blut-Hirn-Schranke wird durchlässiger

Studien zufolge steht insbesondere der Konsum von Methamphetamin auch mit einer Schädigung der Blut-Hirn-Schranke in Zusammenhang. Die Blut-Hirn-Schranke besteht aus einem Wall dicht gepackter Zellen. Die so genannten Endothelzellen bilden eine Barriere, die nur besonders kleine Partikel durchdringen können. Wird dieser Schutzmechanismus außer Kraft gesetzt, können giftige Substanzen, die im Blut zirkulieren, in das Gehirn vordringen und Entzündungen verursachen.

Wie genau die Blut-Hirn-Schranke geschädigt wird, ist noch nicht gänzlich geklärt. In der Forschung gibt es Hinweise, dass die durch Methamphetamin ausgelöste erhöhte Körpertemperatur beteiligt ist, die als Hyperthermie bezeichnet wird. In Tierstudien konnte gezeigt werden, dass hohen Dosen Methamphetamin Hyperthermie verursacht und in der Folge die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke erhöht. Zudem scheint Methamphetamin die Endothelzellen der Blut-Hirn-Schranke direkt zu schädigen. Dieser Vorgang wird vermutlich durch oxidativen Stress und durch die Schädigung der Mitochondrien der Endothelzellen vorangetrieben.

Amphetamine fördern Entzündungen im Gehirn

Amphetamine fördern darüber hinaus Entzündungsreaktionen im Gehirn. Das Gehirn ist durch die Blut-Hirn-Schranke zwar relativ gut gegen Krankheitserreger geschützt, aber nicht völlig isoliert. Daher verfügt es über ein eigenes Immunsystem: die Mikroglia. Das sind spezialisierte Zellen, die Krankheitserreger aufspüren und abtöten.

Gelangen Amphetamine ins Gehirn, schlagen die Mikroglia Alarm und setzen weitere Abwehrmaßnahmen in Gang. Dabei werden unter anderem Zytokine freigesetzt. Das sind spezialisierte Proteine, die neben Krankheitserregern, auch körpereigenes Gewebe wie Nervenzellen schädigen können. Es kommt zu einer Entzündungsreaktion im Gehirn, in deren Folge Nervenzellen absterben.

Schäden an anderen Organen fördert Neurotoxizität

Ein weiterer Mechanismus, der Nervenzellen im Gehirn zerstören kann, geht von anderen Organen aus. Studien haben zeigen können, dass besonders Methamphetamin Organe wie die Leber oder die Nieren angreift. In der Folge erhöht sich die Konzentration von Ammoniak im Blut.

Normalerweise wird Ammoniak über die Leber und die Nieren verstoffwechselt und über den Urin ausgeschieden. Sind diese Organe in ihrer Funktion beeinträchtigt, können Nervenzellen im Gehirn in Mitleidenschaft gezogen werden, da Ammoniak ebenso wie Methamphetamin neurotoxische Effekte hat.

Fazit

Amphetamine wie Speed und Crystal Meth verursachen eine massive Ausschüttung der Neurotransmitter Dopamin und Glutamat. In der Folge werden eine Reihe von Prozessen ausgelöst, die Nervenschäden insbesondere in jenen Bereichen des Gehirns verursachen, die wichtig sind für das Gedächtnis, die Bewegungssteuerung und andere geistige Leistungen wie die Entscheidungsfindung oder die Impulskontrolle. Diese Schäden können noch mehrere Jahre nach Einstellung des Konsums anhalten.

 

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