Mehr Cannabis, weniger Tabak

27.01.2021

Wer kifft, raucht meist auch Tabak. Dieser Zusammenhang scheint sich in den letzten Jahren aber abzuschwächen. Jugendliche, die mit Cannabis experimentieren, fangen immer seltener an Tabak zu rauchen.

Bild: es.war.einmal.. / photocase.de

Lukas* hat mit dem Kiffen auch das Tabakrauchen aufgegeben. Gleich mit beidem aufzuhören, erschien ihm sinnvoll „da das eine Lust auf das andere macht und man meistens sowieso Tabak und Gras mischt“. In seinem Erfahrungsbericht zum Programm Quit the Shit gibt er anderen ausstiegswilligen Kiffern den Rat: „Am besten beides quitten.“

Zahlreiche Studien haben ebenfalls belegen können, dass Cannabis und Tabak eine enge Verbindung eingehen können. So ist der Cannabiskonsum unter Raucherinnen und Rauchern deutlich stärker verbreitet als unter nichtrauchenden Personen. Tabakrauchen scheint zudem die Entwicklung eines problematischen Cannabiskonsum zu fördern. Allerdings zeichnet sich in den letzten Jahren eine neue Entwicklung ab, wie eine Studie aus Finnland nahelegt.

Daten zum Substanzkonsum aus europaweiter Studie

Studienleiterin Kirsimarja Raitasalo und ihr Team hatten Zugriff auf Daten aus dem „European School Survey Project on Alcohol and Other Drugs (ESPAD)“. In dieser groß angelegten Studie werden Schülerinnen und Schüler aus 49 europäischen Staaten unter anderem zu ihrem Cannabiskonsum befragt. Insgesamt sieben Mal wurden zwischen 1995 und 2019 diejenigen Jugendlichen befragt, die im Jahr der Befragung 16 Jahre alt wurden und zur Schule gingen.

In ihrer Studie analysierten Raitasalo und ihr Team die ESPAD-Daten finnischer Jugendlicher aus den Jahren 2003, 2007, 2011, 2015 und 2019. So konnten Informationen von insgesamt mehr als 20.000 Jugendlichen ausgewertet werden.

Den Ergebnissen zufolge nahm der Cannabiskonsum unter den Jugendlichen über die Jahre bedeutsam zu. Im Jahr 2003 gaben etwa 8 Prozent der Jugendlichen an, in den letzten 12 Monaten Cannabis konsumiert zu haben, 2019 waren es bereits 10 Prozent. Im Gegensatz dazu ist die Raucherquote unter Jugendlichen über die Jahre immer weiter gesunken.

Cannabiskonsum auch unter nichtrauchenden Jugendlichen

Zwar sei Tabakrauchen nach Einschätzung des Forschungsteams weiterhin ein wichtiger Risikofaktor für den Einstieg in den Cannabiskonsum. Der Zusammenhang hat den Ergebnissen zufolge jedoch bedeutsam abgenommen. So scheint der Konsum von Cannabis auch unter nichtrauchenden Jugendlichen zuzunehmen.

Eine mögliche Erklärung sei die zunehmende Verbreitung alternativer Konsumformen wie das Trinken oder Essen von Cannabis. Bislang wurde Cannabis meist geraucht, also gekifft. Da ist der Weg zum Rauchen von Tabak nicht mehr weit. Hat sich der Körper erst einmal an das Einatmen von kratzigem Rauch gewöhnt, sinkt die Einstiegsschwelle für das Rauchen einer weiteren Substanz. Wird Cannabis nun vermehrt über alternative Wege konsumiert, könnte die Droge auch für nichtrauchende Personen attraktiver werden. Um diese Annahme zu überprüfen, seien allerdings weitere Untersuchungen zu den Konsumformen von Cannabis nötig.

Ähnliche Entwicklung in anderen Ländern

Anzumerken ist, dass die Studie nur mit den Daten finnischer Jugendlicher durchgeführt wurde. Fraglich ist daher, inwiefern sich die Ergebnisse auch auf junge Menschen aus anderen Kulturkreisen verallgemeinern lassen. Dafür spricht, dass ähnliche Entwicklungen auch in anderen Ländern beobachtet werden. So ist Cannabis in den USA immer häufiger die erste Droge, mit der Jugendliche in Kontakt kommen, also noch vor Tabak.

Auch in Deutschland gibt es einen vergleichbaren Trend. Laut repräsentativen Befragungen fangen immer weniger deutsche Jugendliche mit dem Tabakrauchen an. Während 1997 etwa die Hälfte der der 12- bis 17-Jährigen noch nie geraucht hat, ist dieser Anteil 2019 auf 85 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum hat sich der Cannabiskonsum Jugendlicher hingegen kaum verändert.

*Der Name des zitierten Teilnehmers von Quit the Shit wurde geändert.

 

Quellen:

 


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