Falsche Erinnerungen nach Cannabiskonsum

05.08.2020

Unter dem Einfluss von Cannabis scheinen Personen anfälliger für falsche Erinnerungen zu sein.

Bild: cydonna / photocase.de

Unser Gedächtnis ist anfällig für Fehler. Erinnerungen an zurückliegende Ereignisse verblassen mit der Zeit. Manchmal dichten wir Dinge hinzu, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Dieser Umstand kann beispielsweise bei der Aufklärung von Kriminalfällen von Bedeutung sein, wenn Augenzeugenberichte die einzigen Anhaltspunkte sind.

 

Die Frage nach der Korrektheit von Erinnerungen stellt sich insbesondere dann, wenn Befragte unter dem Einfluss von Cannabis sind oder waren. Darauf verweisen die Ergebnisse einer Studie, an der Forscherinnen und Forscher aus den Niederlanden, Belgien, Australien, Deutschland und den USA beteiligt waren.

Cannabis oder Placebo-Hanf

Das Forschungsteam hat ein Experiment mit 64 cannabiserfahrenen Personen durchgeführt. Die Testpersonen inhalierten den Inhalt eines Ballons, der zuvor mit dem Dampf von erhitztem Cannabis befüllt wurde. Dabei wurden zwei Cannabissorten verwendet. Eine Sorte enthielt Cannabis mit einem Wirkstoffgehalt von 13,5 Prozent THC. Die andere Sorte war Placebo-Hanf, der kein THC enthält. Die Testpersonen wussten nicht, welche Sorte sie inhalierten. Anschließend absolvierten sie zwei Gedächtnistests.

Im ersten Test mussten die Teilnehmenden eine Liste mit 15 Wörtern lernen. 10 Minuten sowie eine Woche später wurden ihnen erneut Wortlisten vorgelegt. Die Teilnehmenden mussten angeben, welche der vorgelegten Wörter ihrer Erinnerung nach in der originalen Liste enthalten waren. Auf einen Teil der Wörter traf dies zu, auf einen anderen Teil nicht. Manche der falschen Wörter wiesen einen starken inhaltlichen Bezug zu den originalen Wörtern auf wie beispielsweise „Tisch“ zu „Stuhl“. Andere Begriffe wiesen einen geringeren oder gar keinen inhaltlichen Bezug zueinander auf.

Je unähnlicher die Wörter, desto größer der Gruppenunterschied

Sowohl unmittelbar nach dem Lernen der Listen als auch eine Woche später zeigten sich Unterschiede zwischen den Testpersonen. Wörter, die tatsächlich in der ursprünglichen Liste enthalten waren, wurden zwar von beiden Gruppen gleichermaßen als richtig erkannt. Unterschiede zeigten sich jedoch bei den falschen Wörtern.

Je geringer die Ähnlichkeit der falsch eingestreuten Wörter mit den originalen war, desto mehr Fehler machten die Personen, die unter dem Einfluss von Cannabis waren, im Vergleich zur Placebogruppe. Sie ließen sich also leichter in die Irre führen, indem sie Wörter scheinbar wiedererkannten, die sie in Wirklichkeit gar nicht gelernt hatten. Auch eine Woche später gab die Cannabisgruppe häufiger falsche Ja-Antworten als die Placebo-Gruppe.

Bei einem zweiten Test wurden die Teilnehmenden in ein Szenario eingebunden, dass ihnen mittels Virtual-Reality-Brille präsentiert wurde. Auch hier ließ sich die Cannabisgruppe im akuten Rausch durch falsch eingestreute Informationen leichter täuschen, als Personen, die Cannabis ohne THC inhalierten. Die Unterschiede zwischen den Gruppen waren eine Woche später aber nicht mehr vorhanden. Das Forschungsteam betont, dass die Erinnerungsleistung der Personen aus der Cannabisgruppe dennoch nicht sonderlich gut war. Vielmehr sei das Gedächtnis der Personen aus der Kontrollgruppe nach einer Woche ungefähr gleich schlecht gewesen.

Typische Cannabiswirkung als Ursache?

Wie lassen sich die Ergebnisse erklären? Auffällig sei, dass die Personen unter dem Einfluss von Cannabis häufiger Wörter oder Geschehnisse scheinbar wiedererkennen, die in Wirklichkeit nicht da waren oder nicht passiert sind. Das Forschungsteam vermutet, dass sich ein typischer Effekt von Cannabis bemerkbar macht: Im Rausch treten die üblichen Denkmuster in den Hintergrund, assoziative Gedankensprünge prägen das Denken. Bekiffte Personen seien daher leichter durch suggestive Fragen beeinflussbar.

Im Falle einer Zeugenbefragung sollte nach Einschätzung der Forscherinnen und Forscher möglicher Cannabiskonsum daher mitbedacht werden. Insbesondere wenn Befragte sich in einem akuten Rausch befinden, sollten diese ähnlich wie Kinder behandelt werden. Erst wenn sie wieder ausgenüchtert sind, seien zuverlässigere Antworten zu erwarten.

 

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