Bekifft am Steuer - mehr Fehler bei hoher Beanspruchung

10.12.2010

Junge Fahranfänger sind doppelt gefährdet. Zum einen sind sie noch nicht so versiert im Umgang mit dem Auto. Zum anderen ist Cannabiskonsum vor allem unter jungen Erwachsenen verbreitet. Beides erhöht bekanntermaßen die Unfallgefahr. Doch der Einfluss von Cannabis auf das Fahrverhalten wird oft unterschätzt. Ein Forschungsteam aus Australien hat am Fahrsimulator untersucht, wie sich die Fahrtüchtigkeit nach dem Konsum von Cannabis verändert.

Im akuten Cannabisrausch sind Reaktionsgeschwindigkeit und Koordinationsfähigkeit je nach Dosis mehr oder weniger stark eingeschränkt. In experimentellen Untersuchungen an Fahrsimulatoren war der Effekt von Cannabiskonsum oft jedoch eher klein. Dies wird meist darauf zurückgeführt, dass sich Personen im bekifften Zustand durchaus bewusst darüber sind, nicht voll fahrtüchtig zu sein und daher vorsichtiger fahren.

Ein australisches Forschungsteam um Studienleiter Michael Lenné vermutet daher, dass diese Strategie - das vorsichtige Fahren - in Stresssituationen nicht mehr funktioniert. Um ihre Hypothese zu überprüfen führten sie eine Studie am Fahrsimulator durch und stellten unterschiedlich komplexe Verkehrssituation nach.

In dem Experiment bildete das Forschungsteam mehrere Gruppen von Personen, die entweder viel, wenig oder gar kein THC im Joint hatten und dementsprechend unterschiedlich stark oder gar nicht bekifft waren. Zudem waren sowohl erfahrene als auch unerfahrene Fahrerinnen und Fahrer beteiligt. Zusätzlich bekamen die Testpersonen Alkohol in unterschiedlichen Dosierungen, was aber - wie sich später herausstellen wird - die Ergebnisse nicht bedeutsam beeinflusste. Anschließend mussten die Testpersonen ihr Können am Fahrsimulator unter Beweis stellen. So sollten sie auf einer mehrspurigen Straße einem vorausfahrenden Wagen bei konstant einzuhaltendem Abstand folgen, Spurwechsel eingeschlossen. Außerdem mussten sie reaktionsschnell auf verschiedene Schilder reagieren, die erst spät ins Blickfeld gerieten. Die Szenarien wurden so variiert, dass unterschiedlich komplexe Fahrsituationen zu meistern waren.

Deutlich wurde, dass das Fahrverhalten bei den Cannabiskonsumierenden stark von der Dosis abhängig war: Je mehr THC konsumiert wurde, desto weniger konstant konnte der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug eingehalten werden. Vor allem aber zeigte sich, dass mit steigender mentaler Beanspruchung die Reaktionszeit der Kiffer zunahm. Dieser Effekt war bei Fahranfängerinnen und Fahranfängern noch stärker ausgeprägt.

Für die Forscher bestätigt sich damit die Vermutung, dass das Fahrverhalten von Cannabiskonsumierenden besonders in Situationen mit einer erhöhten mentalen Beanspruchung beeinträchtigt wird. Bekiffte Testpersonen zeigten zwar ein vorsichtigeres Fahrverhalten als andere, was aber zu Lasten der Aufmerksamkeit ging. Nach Einschätzung der Forscherinnen und Forscher müssen sich bekiffte Fahrzeuglenker stärker auf den normalen Fahrvorgang konzentrieren als andere. Bei zusätzlicher mentaler Beanspruchung, wie dem Reagieren auf Verkehrsschilder, fehlt es den Betroffenen an Aufmerksamkeit, was die Reaktionszeit verlangsamt.

Der zusätzliche Konsum von Alkohol hatte zwar keinen nachweisbaren Effekt, das Forschungsteam hatte sich aber möglichweise bei den verabreichten Mengen verkalkuliert. Denn in der Diskussion ihres Fachartikels betonen sie mehrmals, dass sie wohl schlicht zu wenig Alkohol verabreicht hatten, um statistisch bedeutsame Effekte zu erzielen. Womöglich war auch die künstliche Laborsituation am Fahrsimulator schuld, denn wie eine frühere Übersichtsarbeit belegen konnte, reduzieren bereits geringe Mengen Cannabis und Alkohol die Fahrtüchtigkeit.

Die Studie hat aber deutlich gemacht, dass bekifft Auto zu fahren nicht nur einen Entzug des Führerscheins nach sich ziehen kann, sondern auch ein Gefahrenpotenzial in sich birgt, das nicht unterschätzt werden darf.

Quelle:
Lenné, M. G., Dietze, P. M., Triggs, T. J, Walmsley, .S, Murphy, B. and Redman, J. R. (2010). The effects of cannabis and alcohol on simulated arterial driving: Influences of driving experience and task demand. Accident Analysis and Prevention. 42(3), 859-66. Zusammenfassung


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