Kokain ist eine aufputschende Droge, die aus den Blättern des Coca-Strauchs gewonnen wird. Der wissenschaftliche Name lautet Erythroxylum coca. Die Blätter der Pflanze enthalten bis zu 1 Prozent Kokain. Durch ein chemisches Verfahren wird daraus Kokainhydrochlorid gewonnen, das als weißes, kristallines Pulver bekannt ist.
Im Jahr 1859 wurde Kokain erstmals chemisch aus den Blättern der Coca-Pflanze isoliert. Der Konsum von Kokain reicht jedoch vermutlich Jahrtausende zurück. Schon mindestens 2.500 Jahre vor unserer Zeitrechnung soll der Coca-Strauch als Kulturpflanze in Süd-Amerika angebaut worden sein.
Angenommen wird, dass bereits die Inka Coca-Blätter als Heilmittel verwendet und zu rituellen Zwecken gekaut haben. Beim Kauen der Blätter wird allerdings wesentlich weniger Kokain aufgenommen als beim Sniefen des extrahierten Kokains. So steigert das Kauen der Blätter das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit, ohne jedoch das typische Hochgefühl des Kokainkonsums auszulösen. Das Kauen der Blätter ist in Südamerika bis heute Tradition.
In Europa wurde Kokain bis zum Ende des 19. Jahrhunderts als Heil- und Betäubungsmittel in der Medizin eingesetzt. So galt Kokain paradoxerweise auch als vielversprechende Behandlungsmöglichkeit bei Alkohol- und Morphinabhängigkeit. Kokain war zeitweilig sogar ein beliebter Zusatz in Erfrischungsgetränken wie Coca-Cola oder Vin Mariani. Allerdings mehrten sich die Hinweise auf ein erhebliches Abhängigkeitspotential von Kokain. Ab den 1920er-Jahren wurde Kokain schließlich weitgehend verboten. Der Konsum der illegalen Droge zu Rauschzwecken hält aber weiter an.
Kokain wird von den Produzenten und Händlern in der Regel mit anderen Substanzen gestreckt, um die Gewinnspanne zu erhöhen. Der Reinheitsgehalt kann daher erheblich schwanken.
Ein häufig nachgewiesenes Streckmittel ist Levamisol. Dabei handelt es sich um ein Entwurmungsmittel aus der Tiermedizin. Studien konnten nachweisen, dass teils in bis zu 70 Prozent des untersuchten Kokains Levamisol enthalten ist und bei den meisten Kokainkonsumierenden Levamisol im Urin nachweisbar ist. Levamisol wird im Körper zu Aminorex umgewandelt, das eine ähnlich aktivierende Wirkung hat wie Kokain. Wird Levamisol missbräuchlich konsumiert, ist jedoch mit einer Reihe gesundheitlicher Schäden zu rechnen, von der Zerstörung von Immunzellen bis hin zu Hirnschäden.
Analysen von illegalem Kokain decken meist noch eine Reihe weitere Streckmittel auf, darunter vergleichsweise harmlose Stoffe wie Zucker oder Mehl, aber auch pharmakologisch wirksame Substanzen wie lokale Betäubungsmittel, Koffein, Ephedrin und Giftstoffe. Manche dieser Streckmittel können zu Vergiftungen führen und im schlimmsten Falle tödlich enden. Äußerlich ist der illegalen Droge Kokain nicht anzusehen, ob und welche Streckmittel in welcher Dosis enthalten sind.
Kokain wird auf verschiedene Arten konsumiert. Das Sniefen des pulverförmigen Kokainhydrochlorids durch die Nase ist die häufigste Methode. Dabei gelangt Kokain über die Nasenschleimhaut in den Blutkreislauf. Dadurch können die Nasenschleimhaut und die Nasennebenhöhlen geschädigt werden. Manche Konsumierende berichten von chronischem Nasenbluten.
Seltener ist das Rauchen von Kokain in Form von Crack oder als Kokain-Base, die als Freebase bezeichnet wird. Crack entsteht, indem Kokain mit Backpulver aufbereitet wird. Durch das Erhitzen von Kokain mit Ammoniak wird Freebase gewonnen. Das Rauchen von Crack und Freebase schädigt die Atmungsorgane, was eine sogenannte „Cracklunge“ zur Folge haben kann.
Das Spritzen von Kokain gilt als besonders riskant, da es ein hohes Infektionsrisiko und die Gefahr einer Überdosierung mit sich bringt. Beim Teilen des Spritzbestecks mit anderen Personen besteht beispielsweise das Risiko der Ansteckung mit gefährlichen Krankheitserregern wie dem HI-Virus oder Hepatitis-Viren.
Kokain beeinflusst, wie Nervenzellen miteinander kommunizieren. Nervenzellen sind über chemische Botenstoffe, den Neurotransmittern, miteinander verbunden. Neurotransmitter übermitteln Informationen, indem sie von einer Nervenzellendigung zu einer anderen wandern und dabei den synaptischen Spalt überbrücken. Danach wird der Botenstoff wieder von der Ursprungszelle aufgenommen. Dafür sind bestimmte Transportermoleküle zuständig.
Kokain blockiert die Funktion der Transporter für eine Weile. Die Folge ist: Die Wiederaufnahme der Botenstoffe Dopamin, Noradrenalin und Serotonin wird gehemmt. Kokain wird in der Fachsprache daher als Wiederaufnahmehemmer bezeichnet. Die Botenstoffe reichern sich im synaptischen Spalt an, wodurch die nachgeschaltete Empfängerzelle stärker stimuliert wird.
Die Wirkung von Kokain kann von Person zu Person verschieden sein, das Ausmaß des aufputschenden Effekts hängt aber vor allem von der Dosis und der Konsumform ab.
Am schnellsten und intensivsten setzt die Wirkung beim intravenösen Spritzen ein. Das Gehirn wird überflutet mit stimulierenden Substanzen, wofür auch Begriffe wie „Rush“, „Flash“ oder „Kick“ gebraucht werden. Ebenso schnell wie die Wirkung einsetzt, klingt sie wieder ab. Bereits nach ungefähr 10 Minuten verschwinden die euphorischen Effekte. Beim Rauchen von Kokain in Form von Freebase oder Crack verläuft der Rausch ähnlich kurz.
Anders verläuft die Wirkung beim Sniefen. Zunächst führt das Ziehen durch die Nase unmittelbar zu einem kalten, tauben Gefühl in der Nase und im Rachen. Innerhalb von etwa drei bis fünf Minuten entfaltet sich die psychoaktive Wirkung und dauert ein bis eineinhalb Stunden an. Charakteristisch ist der phasenweise Verlauf der Rauschwirkung.
Die ersten 20 bis 60 Minuten nach dem Sniefen löst Kokain eine euphorische und gehobene Stimmung aus. Konsumierende fühlen sich hellwach und leistungsfähig. Das Selbstwertgefühl steigt, soziale und sexuelle Hemmungen nehmen ab. Der Körper wird insgesamt auf eine höhere Leistungsfähigkeit eingestellt. Allerdings wird dem Körper keine Energie durch das Kokain zugeführt, vielmehr werden seine Kraftreserven verbraucht.
Nach Abklingen der euphorischen Wirkung treten vor allem die negativen körperlichen Effekte in den Vordergrund. Typisch ist eine körperliche Unruhe. Beim „Runterkommen“ können auch paranoide Zustände sowie auditive und visuelle Halluzinationen auftreten. Oft ist das Ende des Rausches von Niedergeschlagenheit, Müdigkeit und Erschöpfung gekennzeichnet. Möglich sind auch Angstzustände, Schuldgefühle, Selbstvorwürfe und Suizidgedanken.
Das Risiko akut gefährlicher Wirkungen steigt mit der Dosis. Problematisch ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass der Reinheitsgehalt von illegalem Kokain in der Regel nicht bekannt ist. Hinzu kommt, dass Konsumierende mitunter den trügerischen Eindruck haben, ihren Konsum zu „kontrollieren“, weil sie es nach Belieben dosieren können. Insbesondere durch „Nachlegen“ kann sich jedoch schnell eine Kokainvergiftung, also eine Überdosis einstellen. Diese macht sich durch folgende Symptome bemerkbar:
Manche Menschen mit einer Überempfindlichkeit können auch mit einem Kokainschock reagieren. Typische Symptome sind Blässe, kalter Schweiß, Atemnot und Kreislaufversagen.
Kokain wird ein hohes Abhängigkeitspotential zugesprochen. Das bedeutet, dass sich bei wiederholtem Konsum vergleichsweise schnell eine Abhängigkeit entwickeln kann.
Die Abhängigkeit bei Kokain ist vor allem von starkem Craving geprägt, also dem Wunsch nach weiterem Konsum. Der starke Wunsch führt dazu, dass Konsumierende die Kontrolle über ihren Kokainkonsum verlieren. Sie konsumieren weiter, obwohl die Droge schon zu negativen Folgen wie gesundheitlichen oder zwischenmenschlichen Problemen geführt hat.
Grundsätzlich kann jeder Mensch bei häufigem Konsum abhängig werden. Allerdings sind manche Menschen besonders empfänglich für die Wirkung von Kokain. Das können Menschen mit psychischen Erkrankungen oder anderen Abhängigkeitserkrankungen sein. Auch Personen mit Selbstwertproblemen sind anfälliger dafür, dass sich aus gelegentlichem Konsum eine Abhängigkeit entwickelt. Denn Kokain ist in der Lage, Zweifel an der eigenen Person zumindest kurzfristig zu vertreiben und Grübeleien zu beenden. Dann fühlen sie sich womöglich so, wie sie schon immer sein wollten: stark und selbstbewusst.
Als impulsiv geltende Menschen sind ebenfalls stärker gefährdet, kokainabhängig zu werden. Personen werden als impulsiv bezeichnet, wenn sie nicht oder nicht so gut in der Lage sind, spontane Verhaltensimpulse zu kontrollieren.
Doch selbst wenn diese Faktoren nicht vorliegen, kann der Konsum langfristig zu einer Abhängigkeit führen. Tierstudien zeigen, dass regelmäßiger Kokainkonsum das Belohnungssystem im Gehirn nachhaltig verändert. Selbst nach längeren Phasen der Abstinenz reagiert das Gehirn bei erneutem Kokainkonsum wie nach einer intensiven Konsumphase. Zudem führt der Konsum zu Gehirnveränderungen, die die Fähigkeit mindern, das eigene Verhalten bewusst zu kontrollieren.
Abhängiger Kokainkonsum macht sich durch Entzugssymptome bemerkbar, wenn die Person versucht, den Konsum einzustellen. Im Vergleich zu anderen Drogen wie Opiaten treten körperliche Entzugssymptome allerdings seltener auf und sind schwächer ausgeprägt.
Typisch ist ein so genannter „Rebound-Effekt“ im Kokainentzug. Der ist meist geprägt durch extreme Erschöpfung, depressiver Verstimmung und Antriebslosigkeit. Betroffene sind lethargisch, fühlen sich müde und erschöpft, empfinden wenig Freude bei Aktivitäten oder entwickeln sogar Suizidgedanken. Auch sind Schlafstörungen und intensive Albträume typische Entzugssymptome. Die Entzugssymptome können vor allem ein intensives Verlangen nach erneutem Konsum auslösen, was eine hohe Rückfallgefahr mit sich bringt.
Länger anhaltender Konsum kann schwerwiegende körperliche und psychische Schäden nach sich ziehen, die insbesondere folgende Bereiche betrifft:
Bereits gelegentlicher Kokainkonsum führt zu Veränderungen biochemischer Prozesse im Gehirn. Dadurch wird die geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Vor allem das Arbeitsgedächtnis scheint davon betroffen zu sein. Das Arbeitsgedächtnis ist die Schnittstelle unterschiedlicher geistiger Prozesse wie Wahrnehmung, Langzeitgedächtnis, Handlungsplanung und Handlungsausführung.
Andere Lern- und Gedächtnisleistungen können ebenfalls durch regelmäßigen Kokainkonsum abnehmen. Laut einer Studie können bereits bei Personen, die monatlich Kokain konsumieren, leichte geistige Defizite festgestellt werden, auch wenn diese den Konsumierenden selbst nicht bewusst sind.
Wiederholter Kokainkonsum schädigt die Blutgefäße, wodurch das Risiko für Herzschäden und Schlaganfälle steigt. Das Risiko eines Schlaganfalls ist innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Kokainkonsum um mehr als das Fünffache erhöht.
Aber auch wenn noch keine körperlichen Schäden auftreten: Eine Gefäßverkalkung entwickelt sich schleichend und meist ohne Anzeichen. So kann der Konsum von Kokain die Blutgefäße schädigen, ohne dass man davon etwas bemerkt.
Der Konsum von Kokain kann psychische Erkrankungen begünstigen. Dazu gehören beispielsweise Depressionen und Angststörungen.
Zudem erhöht regelmäßiger Konsum von Kokain das Risiko, an einer Psychose zu erkranken. Dies gilt insbesondere für Personen, die eine Veranlagung für Psychosen haben. Eine Studie zeigt, dass die Hälfte der Personen, die sich wegen einer Kokainabhängigkeit in Behandlung befinden oder eine Behandlung suchen, psychotische Symptome aufweisen.
Auch Suizidgedanken treten bei Kokainkonsumierenden häufiger auf als bei Menschen, die keine Drogen konsumieren. Dies gilt insbesondere für Personen, die gleichzeitig einen problematischen Alkoholkonsum aufweisen.
Die Beziehungsfähigkeit zu anderen Menschen kann durch häufigen Kokainkonsum abnehmen. Studien zufolge verfügen Kokainkonsumierende über weniger Einfühlungsvermögen und haben dementsprechend Schwierigkeiten, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. So scheint der Konsum von Kokain emotional „abzustumpfen“. Dies kann sich unter anderem darin äußern, dass der soziale Austausch mit anderen Menschen für sie als weniger belohnend und bereichernd empfunden wird.
Bei akuten Symptomen einer Kokainvergiftung oder auch bei Verdacht auf eine Überdosis sollte der Notruf 112 gewählt werden. Ärztinnen und Ärzte sowie das Rettungspersonal unterliegen der Schweigepflicht. Es gibt zwar kein spezielles Gegenmittel bei einer Kokainüberdosis, in der notärztlichen Behandlung können aber beruhigende Medikamente eingesetzt werden. Im Krankenhaus werden Betroffene zudem medizinisch überwacht, um bei weiteren Komplikationen schnell helfen zu können.
Für die Behandlung einer Kokainabhängigkeit sind Drogenberatungseinrichtungen die erste Anlaufstelle für Betroffene wie auch für ihre Angehörigen. In der Beratung können Probleme, Sorgen und Ängste angesprochen werden. Der Berater oder die Beraterin wird sich ein Bild von der Situation machen und weiterführende Hilfsmöglichkeiten besprechen. Das kann eine ambulante oder stationäre Therapie sein, in der in der Regel psychotherapeutische Verfahren zum Einsatz kommen.
Quellen:
Stand der Information: Oktober 2025